Südkorea:Nächster Halt: Hyundai

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Beliebtes Transportmittel: Jedes Jahr fahren rund eine Milliarde Menschen mit der U-Bahn von Seoul. (Foto: Ahn Young-joon/AP)
  • Aus Geldnot verkauft Südkoreas Hauptstadt die Namen ihrer U-Bahn-Stationen an Firmen.
  • Den bislang teuersten Namen in Seoul erstand eine Bank für umgerechnet 280 000 Euro.
  • Ein Sprecher der Stadtverwaltung sagt dazu: "Der geplante Verkauf von Stationsnamen wird den Bürgern nützliche Informationen an die Hand geben."

Von Christoph Neidhart

Die Linie Eins der U-Bahn von Seoul hat 77 Stationen, 29 von ihnen haben nicht nur einen, sondern zwei Namen, der Zweitname steht in Klammern; das ist, wie sich nun wieder zeigt, eine wichtige Sache für Seoul. Die Linie führt über Incheon (Chinatown), Bubyeong (Catholic University Incheon), Sosa (Seoul Theological University) via Yeoggok (Catholic University of Korea) zum Bahnhof und weiter nach Osten. An den Stationen der Linie Eins kann man gut erkennen, welchen Einfluss das Christentum in diesem Land noch hat, einige der Zweitnamen sind christliche Hochschulen. Jedenfalls war das bis jetzt so.

Die Zweitnamen wurden stets an Institutionen verkauft, die nicht weiter als 500 Meter von der Station entfernt liegen, im Vorjahr nahm die Stadt damit etwa zwei Millionen Euro ein. Nun kündigte die Stadt an, sie vergebe weitere 58 Zweitnamen, darunter einige im Zentrum - bieten können neben staatlichen und privaten Hochschulen diesmal aber auch Unternehmen oder Gewerbeverbände. "Der geplante Verkauf von Stationsnamen wird den Bürgern nützliche Informationen an die Hand geben", sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung, man weiß dann gleich, welche Firma in der Nähe ist. Firmen, die in Skandale verwickelt waren, seien aber ausgeschlossen.

Fast die Hälfte aller Südkoreaner lebt in Seoul - und nutzt die Metro

Die Metro von Seoul wurde mehrmals als beste der Welt ausgezeichnet. Sie ist pünktlich, sauber und unkompliziert. Man kommt mit einem Ticket fast bis an die Ostküste. Innerhalb der Stadt fahren auf zwanzig Linien mit zusammen 331 Kilometer Streckenlänge jährlich mehr als eine Milliarde Menschen. Außerdem ist sie mit einem Grundpreis von einem Euro günstig. Und sie wird, wie das ICE-Schnellzugnetz, weiter ausgebaut. All das aber kostet Geld, viel Geld, so dass die Stadt für ihre Metro inzwischen einen enormen Schuldenberg angehäuft hat. Und der soll mit dem Verkauf der Zweitnamen ein bisschen kleiner werden.

Nach der Vision der koreanischen Regierung soll man aus dem ganzen Land, das etwa so groß ist wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen, für einen Tag oder sogar nur für einen Abend mit der Bahn nach Seoul fahren können. Die Hoffnung, damit würde die Landflucht gebremst, hat sich allerdings bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil: Man kann ja, wenn man nach Seoul zieht, jederzeit mal zu den alten Eltern aufs Land fahren, heißt es nun. 1950 lebte eine Million Menschen in Seoul, heute zehn Millionen - im Großraum Seoul sogar 24 Millionen, fast die Hälfte aller Südkoreaner.

Der Zweitname birgt Tücken - bei der Beschilderung

Manche der neuen Zweitnamen sind bereits vergeben: Apgujeong zum Beispiel wird vom nächstem Jahr an zusätzlich "Hyundai Department Store" heißen, und Euljiro-1 "Industrial Bank of Korea". Letztere war mit 340 Millionen Won (280 000 Euro) der bisher teuerste Zweitname. Bangbae war mit etwas mehr als der Hälfte eine der billigsten, sie heißt jetzt zusätzlich "Baekseok University", auch das eine christliche Hochschule. Eine ganze Reihe Stationen ist noch zu haben.

Die Sache mit den zwei Namen birgt aber auch Tücken, vor allem dann, wenn die Namen lang sind. Zusätzlich zum Stations- und Zweitnamen in Hangul, der koreanischen Silbenschrift, steht auf dem Schild nämlich auch eine englische Transkription, und da und dort zudem eine Umschrift in japanische Lautzeichen. Für die Fremdsprachen wird auf den Zweitnamen jedoch verzichtet - denn auf die Schilder muss der Erstname auch noch in Hanja geschrieben draufpassen, der alten koreanischen Umschrift in chinesische Schriftzeichen, die noch bis ins vorige Jahrhundert verwendet wurde.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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