Süddeutschland:13-Jährige versteckt sich vor Unwetter und wird von Zug erfasst

  • Bei schweren Unwettern in Bayern und Baden-Württemberg sind vier Menschen ums Leben gekommen.
  • Besonders schwer hat es den Ort Braunsbach im Kreis Schwäbisch Hall getroffen. Dort sind zwei Bäche über die Ufer getreten, die Wassermassen haben erhebliche Schäden angerichtet.
  • Mehrere Straßen und Bahnstrecken im Süden Deutschlands sind gesperrt.
  • Der Wetterdienst warnt vor weiteren Unwettern auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

Bei schweren Unwettern und Überschwemmungen in Süddeutschland sind vier Menschen ums Leben gekommen. Im baden-württembergischen Weißbach im Hohenlohekreis starb ein 62-Jähriger in einem überfluteten Keller. Der Mann sei am Sonntagabend von den "in Sekundenschnelle eintretenden Wassermassen" überrascht worden, teilte die Polizei mit. Weitere Hausbewohner, die sich ebenfalls im Keller aufhielten, hätten sich in letzter Sekunde retten können. Zunächst war das Alter des Mannes mit 60 Jahren angegeben worden.

In Schwäbisch Gmünd versuchte ein Feuerwehrmann, einen Menschen zu retten. Beide wurden in einer Unterführung in einen Kanal gesogen. Die Einsatzkräfte gehen davon aus, dass beide tot sind. In Schorndorf kam eine 13-Jährige ums Leben, die sich gemeinsam mit einem Zwölfjährigen unter einer Bahnbrücke vor dem Regen versteckte. Das Mädchen sei zu nahe an die Gleise geraten und wurde von einem Zug erfasst, teilte die Polizei mit. Der Junge blieb körperlich unverletzt, muss aber psychologisch betreut werden.

Besonders schwer hat das Unwetter den Ort Braunsbach im Kreis Schwäbisch Hall im Norden Baden-Württembergs getroffen. Dort trat nach heftigen Regenfällen ein Fluss über die Ufer. Die reißenden Fluten strömten durch die 900-Einwohner-Gemeinde, rissen Autos mit und beschädigten mehrere Häuser. Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Rotes Kreuz evakuierten noch in der Nacht einsturzgefährdete Gebäude. Verletzt wurde niemand. Von Anwohnern ins Netz gestellte Videoaufnahmen zeigen das Ausmaß der Zerstörung:

Weitere Schwerpunkte der Unwetter sind einem Sprecher des Stuttgarter Lagezentrums zufolge die östlichen Teile Baden-Württembergs - neben dem Hohenlohekreis unter anderem die Kreise Biberach, Heidenheim, Heilbronn, den Ostalbkreis, den Alb-Donau-Kreis, den Neckar-Odenwald-Kreis sowie die Stadt Ulm. Entspannung ist dort zunächst nicht in Sicht. Ein Großaufgebot an Rettungskräften ist mobilisiert. "Hier ist alles im Einsatz, was laufen kann", sagte ein Polizeisprecher in Heilbronn. "Es sieht düster aus, wirklich schlimm."

Die Autobahn 7 im Kreis Heidenheim war wegen Hagels vier Stunden lang gesperrt. Die Autobahnmeisterei musste Schneepflüge einsetzen. Die Schifffahrt auf dem Neckar ist wegen des "katastrophalen Hochwassers" der Nebenflüsse wohl bis Mittwoch eingestellt. Die drei größten Zuflüsse führten teilweise die drei- bis sechsfache Wassermenge, sagte ein Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts in Stuttgart. Es herrschen hoher Wellengang und stellenweise gefährliche Strömungen an den Zuläufen.

Bayern: Gewittersturm und volle Keller

Auch in Bayern haben Unwetter in der Nacht zum Montag massive Schäden angerichtet. In der Region Ansbach wurden nach einem Gewittersturm auf der Frankenhöhe Straßen überflutet und Autos mitgerissen. Viele Keller in der Region liefen voll, teilte ein Sprecher der Integrierten Rettungsleitstelle Ansbach mit. Menschen wurden nach vorläufigen Erkenntnissen nicht verletzt.

Die Bahnstrecke zwischen Würzburg und Ansbach ist seit dem frühen Morgen gesperrt. Die Gleise seien vom Regen unterspült worden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Wie lange es dauert, die Schäden zu beseitigen, war am Morgen noch nicht absehbar.

Besonders schwer betroffen waren den Angaben zufolge mehrere Ortsteile von Flachslanden nördlich von Ansbach. Dort seien mehrere Autos von der über die Ufer getretenen Fränkischen Rezat mitgerissen worden. Mehrere Häuser seien einsturzgefährdet. Einsatzkräfte und Feuerwehr versuchen, die Gebäude zu sichern.

Während der nächtlichen Unwetter fielen gewaltige Regenmengen. Im bayerischen Hohenthann bei Landshut etwa gingen innerhalb einer Stunde 67 Liter pro Quadratmeter nieder, in Landshut 57 Liter und in der Region um Weilheim stellenweise 53 Liter. Das entspricht dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge grob den Mengen, die normalerweise binnen zwei Wochen gemessen werden.

Rheinland-Pfalz: Erdrutsche und Straßensperren

In Rheinland-Pfalz hat der starke Regen mehrere Erdrutsche verursacht. Betroffen war vor allem das Mittelrheintal und dort besondere das Gebiet um Kestert südlich von Koblenz. Auf der Bundesstraße 42 wurden dort vier Autofahrer von Wasser und Geröll überrascht und kurzzeitig eingeschlossen. Verletzt wurde niemand.

In Sankt Goarshausen nahe der berühmten Loreley verwandelte sich der Wellmicher Bach zwischenzeitlich in einen reißenden Strom, der Ufer- und Straßenbefestigungen mit sich riss. Vorsorglich mussten fünf Anwohner ihre Häuser verlassen. In Mainz meldete die Feuerwehr eine Reihe von Fehlalarmen von Brandmeldern - vermutlich wegen Luftdruckschwankungen.

Grund für die heftigen Regenfälle ist dem Deutschen Wetterdienst zufolge das relativ langsame Weiterziehen der Gewitter. "Dementsprechend lagen die intensiven Niederschläge relativ lange über den gleichen Gebieten", sagte ein Sprecher. Der DWD warnt vor weiteren Unwettern im Lauf des Tages. Von der Warnung betroffen ist der ganze Norden Deutschlands. So extrem wie am Sonntag in Süddeutschland werde es aber wohl nicht.

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