Südafrika:Pistorius darf nach Hause

Der Ex-Sprint-Star soll bald unter Arrest gestellt werden. Doch eine weitere Strafe könnte noch folgen.

Von Tobias Zick, Kapstadt

Oscar Pistorius, der wegen Totschlags verurteilte ehemalige südafrikanische Sprint-Star, wird am kommenden Dienstag aus der Haft in den Hausarrest entlassen. Dies habe die zuständige Bewährungskommission entschieden, teilte die Gefängnisbehörde am Donnerstagnachmittag mit. Nach südafrikanischem Recht kann eine Gefängnisstrafe bei guter Führung des Häftlings schon nach einem Fünftel der Haftdauer in Hausarrest umgewandelt werden.

Der beidseitig unterschenkelamputierte Pistorius war im Februar 2013 verhaftet worden, nachdem er seine Freundin Reeva Steenkamp durch die Badezimmertür seines eigenen Hauses erschossen hatte. Im Oktober 2014 verurteilte ihn ein Gericht in der Hauptstadt Pretoria wegen Totschlags zu fünf Jahren Haft. Nach 12 Monaten im Gefängnis soll er nun den Rest der Strafe unter Überwachung zu Hause absitzen dürfen. Schon im August hatte die Bewährungskommission eine entsprechende Entscheidung bekanntgeben, doch dann hatte der südafrikanische Justizminister Michael Masutha sein Veto eingelegt: die Kommission habe "verfrüht" über die Entlassung entschieden.

Diesmal habe die Kommission vor ihrem Beschluss unter anderem auch die Familie des Opfers angehört, erklärte jetzt die Gefängnisbehörde. Ein Anwalt der Familie gab am Donnerstag bekannt, die Eltern von Reeva Steenkamp nähmen die vorzeitige Entlassung des Täters in den Hausarrest zur Kenntnis, auch wenn sie diese nicht gutheißen könnten. Jedoch könne nichts und niemand ihnen ihre Tochter zurückbringen.

Die Familie von Pistorius wollte sich am Donnerstag nicht näher zu der Entscheidung der Bewährungskommission äußern, nachdem sie zuvor in einer öffentlichen Erklärung beklagt hatten, der "öffentliche, politische und mediale Hype um Oscars Verfahren" habe dessen "Recht beeinträchtigt, wie jeder andere Gefangene auch behandelt zu werden."

Während der Zeit unter Hausarrest wird Pistorius voraussichtlich eine kürzlich im Gefängnis begonnene Psychotherapie fortsetzen müssen. Zudem könnte der Schritt in Richtung größere Freiheit schon bald wieder rückgängig gemacht werden: Am 3. November nämlich geht der Prozess gegen Oscar Pistorius in eine neue Runde. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Totschlags-Urteil Berufung eingelegt - und will statt dessen erreichen, dass der Sportler wegen Mordes verurteilt wird. In diesem Fall drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

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