Südafrika:Kapstadt trocknet aus

Will Cape Town Run Out of Water?

Seichtes Ende: Private Schwimmbäder dürfen in Kapstadt nicht mehr gefüllt werden.

(Foto: Waldo Swiegers/Bloomberg)

Es droht die schlimmste Dürre seit mehr als hundert Jahren. Nur die Reichen können sich Wasser in Flaschen leisten.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

So genau wollten es viele vielleicht gar nicht wissen, aber Helen Zille waren solche Befindlichkeiten ziemlich egal, als sie vor einigen Wochen die Einwohner von Kapstadt über die Details ihrer persönlichen Hygiene unterrichtete. Nur noch zwei Mal die Woche dusche sie und das auch nur sehr kurz, schrieb die Premierministerin von Western Cape. Früher habe sie sich regelmäßig die Haare gewaschen, heute bemerke sie einen "öligen" Schimmer auf ihrem Kopf. Das sei vielleicht nicht sehr ästethisch, so Zille: "Aber in Zeiten der Dürre ist öliges Haar ein noch größeres Statussymbol als ein staubiges Auto."

Letztlich sind die Autos gar nicht so staubig in Kapstadt, weil sie nun an jeder Ecke nicht mehr mit Dutzenden Eimern Wasser gereinigt werden, sondern mit viel Küchenpapier und ein wenig Fensterputzer.

Jeder Tropfen zählt in Kapstadt, seit Wochen werden die Touristen schon im Flugzeug darauf hingewiesen, dass die Stadt unter der schlimmsten Dürre seit mehr als hundert Jahren leidet, dass jeder Tourist und Einwohner nur noch 87 Liter am Tag verbauchen darf, was mithilfe eines Online-Rechners leicht berechnet werden kann. Und rechnen tut die ganze Stadt, jeden Montag verkündet das Rathaus, wie lange das Wasser noch reicht in der Vier-Millionen-Metropole am Kap, die derzeitige Vorhersage: Ende April droht der "day zero", der Tag, an dem kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt.

Es klingt ein wenig wie die Apokalypse, viele Hotels der Touristenmetropole müssten schließen, Armee und Polizei haben Notfallpläne erstellt, Unruhen werden befürchtet. Etwa 200 Wasserabholstationen soll es dann in Kapstadt geben, auf einer Fläche von 2400 Quadratmetern. "Dass einer Stadt mit einem hoch entwickelten Wassersystem das Wasser ausgeht, ist ungewöhnlich, ich kenne dafür kein Beispiel", sagt Bob Scholes, Professor für Systemökologie der University of Witwatersrand in Johannesburg.

Wie hoch entwickelt das Wassersystem von Kapstadt tatsächlich ist, darüber gibt es derzeit allerdings verschiedene Meinungen. Die Stadt und ihre Provinz Western Cape werden schon lange von der Democratic Alliance (DA) regiert, einer früher rein weißen Partei, die aber im ganzen Land auch bei Schwarzen beliebter wird. Einer Partei, die von sich behauptet, dass dort, wo sie regiert, die Dinge funktionieren, dass anders als in den Hochburgen des ANC die Politik nicht in einem Sumpf aus Korruption und Inkompetenz versinkt.

Sonst kam der Regen meist im letzten Moment - in diesem Jahr nicht

Die Dürre und ihre Folgen sind nun auch für die DA ein Glaubwürdigkeitstest. Bereits vor zehn Jahren warnte die Nationale Wasserbehörde, dass Kapstadt dringend neue Wasserquellen brauche. Viel geschehen ist seitdem nicht, obwohl die Einwohnerzahl um 50 Prozent zunahm, speist sich das Wassersystem fast ausschließlich aus sechs großen Dämmen. Bleibt der Regen im Winter aus, kann er durch nichts ersetzt werden. Erst jetzt beginnt die Stadtverwaltung mit dem Bau von Entsalzungsanlagen und dem Bohren von Brunnen. Wer es sich in Kapstadt leisten kann, hat längst seinen eigenen im Garten gebaut, die Wartezeiten bei den Bohrfirmen betragen derzeit sechs Monate.

Zu spät für den day zero im April, von dem an es nur noch 15 Liter am Tag aus dem Tanklaster geben soll. "Die Stadt hat sehr verspätet auf die Warnungen reagiert, vielleicht, weil man keine Wählerstimmen verlieren wollte, weil Ausschreibungen zu lange dauerten und weil man nicht unnötig Geld ausgeben wollte", sagt Martine Visser, eine Verhaltensökonomin an der Universität von Kapstadt. Denn letztlich kam der Regen dann doch meistens noch im letzten Moment. Nicht aber in diesem Jahr, es wollte einfach keiner fallen, der Wasserstand der Dämme fiel auf etwa 35 Prozent, die letzten zehn können aus hygienischen Gründen nicht verbraucht werden. Etwa 15 Prozent des insgesamt gesammelten Wassers verdunsten oder verlaufen sich in einem nicht mehr sehr modernen Leitungssystem.

Es entspricht nicht mehr unbedingt dem besseren Südafrika, das die DA ihren Wählern versprochen hat. Derzeit versucht die Partei offenbar, Patricia de Lille zum Sündenbock zu machen, die Bürgermeisterin von Kapstadt, gegen die ein parteiinternes Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, letztlich mit dem Ziel, sie aus dem Amt zu entfernen. Dabei haben es de Lille und die Stadtverwaltung zumindest geschafft, den Wasserverbrauch drastisch zu verringern, von 1,1 Milliarden Litern am Tag auf um die 600 Millionen.

Es dürfen keine privaten Schwimmbäder mehr gefüllt und keine Autos mehr gewaschen werden, es drohen Geld- und Gefängnisstrafen. In fast 20 000 Haushalte, die sich bisher nicht am Wassersparen beteiligen, wurden Zähler angebracht, die den Verbrauch drosseln.

Die Verschwender leben nach wie vor in den reichen Stadtteilen, für die Armen in den Siedlungen und Townships ist der Wassermangel jetzt schon viel deutlicher zu spüren, weil immer wieder die Hähne trocken bleiben. Der Gewerkschaftsbund Cosatu warnte in einem offen Brief bereits, dass sich "nur 15 Prozent der Stadtbevölkerung Wasser in Flaschen leisten können" - Chaos und womöglich Tote seien die Folge.

Davon ist in diesen Tagen wenig zu spüren in Kapstadt, die Weihnachtsurlauber kommen nach wie vor, es gab sogar ein leichtes Plus bei den Buchungen. Das Thema Dürre macht derzeit auch Ferien, nachdem es monatelang in aller Munde war. Die Kapstädter sind der Katastrophe müde, die noch nicht einmal eingetreten ist. Wird schon alles gut gehen. Der Wasserverbrauch ist zuletzt wieder deutlich gestiegen.

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