Stuttgart 21:Der Käfer des Anstoßes

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In diesem Baumstumpf hat die Bahn bei Fällarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 eine Flasche mit Kotpillen und Flügeldecken von Rosenkäfern gefunden. Rosenkäfer sind ein Hinweis auf vorhandene Juchtenkäfer. (Foto: dpa)
  • Der Bau des Bahnhofsprojektes Stuttgart 21 verzögert sich immer weiter.
  • Ein Grund dafür ist, dass in den Bäumen, die dafür gefällt werden müssten, artgeschütze Juchtenkäfer leben könnten.
  • Die Bahn wirft den Gegnern des Projektes vor, falsche Spuren der Tiere platziert zu haben.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Der Mensch bekommt ihn nur selten zu Gesicht, und wenn doch, stellt sich heraus: Der Juchtenkämpfer ist nicht sehr schön. Drei Zentimeter lang, kurze Fühler, braunschwarze Flügel. Wenn die männlichen Tiere Sex haben wollen, verbreiten sie einen Geruch, der an Juchtenleder erinnert - auch keine Eigenschaft, die Juchtenkäfer in den Rang von Robbenbabys erheben würden.

Seine Popularität verdankt der Käfer vielmehr der Deutschen Bahn. Beim Bau des Tiefbahnhofs in Stuttgart stehen ihr immer wieder Laubbäume im Weg, in deren Höhlen der Juchtenkäfer sein Biotop findet. Den Lebensraum des streng geschützten Insekts zu erhalten, ist seit vielen Jahren ein Leitmotiv des Widerstands gegen das Projekt Stuttgart 21. In letzter Zeit war es etwas ruhig geworden um ihn, nun feiert der Juchtenkäfer ein Comeback. Vielmehr: sein Kot.

Wurde der Kot absichtlich platziert?

Die Bahn streut einen aufsehenerregenden Verdacht. Gegner des Projekts könnten falsche Käferspuren gelegt haben, um die Bauarbeiten zu verzögern. Demnach wurden in dieser Woche nach einem langwierigen Genehmigungsverfahren im Rosensteinpark etwa hundert Bäume gefällt, darunter sechs, die als sogenannte "Juchtenkäfer-Verdachtsbäume" galten. Laut Bahn wurden darin aber keine Käfer und keine Larven entdeckt - obwohl zuvor an einem Stamm Kotpillen gefunden worden seien.

Dazu passt nach Darstellung der Bahn, dass man an anderer Stelle eine Flasche mit Käferkot fand, die offenbar aus Versehen in die Höhle eines Baums gefallen und nun beim Fällen freigelegt worden sei. "Wir prüfen rechtliche Schritte", sagte ein Sprecher der Bahn am Freitag. Durch die Manipulation sei möglicherweise Schäden in Millionenhöhe entstanden. Polizei und Naturschutzbehörden würden informiert.

Die Bahn wolle nur von den eigenen Problemen ablenken, sagen die Gegner

Die Genehmigung, die sechs Bäume aus dem Weg zu räumen, musste die Europäische Kommission erteilen. Immer wieder klagt die Bahn, der Schutz von Juchtenkäfern oder auch Zauneidechsen koste unverhältnismäßig viel Zeit und Geld. "Dass es zweieinhalb Jahre dauert, einen Planänderungsbescheid zur Fällung von sechs Juchtenkäfer-Verdachtsbäumen zu bekommen, zeigt, wie schwierig die Realisierung von Großprojekten inzwischen geworden ist", sagt Manfred Leger, der Geschäftsführer der Projektgesellschaft. Und nun auch noch Millionenschaden durch Manipulation?

Die organisierten Gegner von Stuttgart 21 schlossen am Freitag aus, dass jemand aus ihren Reihen beteiligt gewesen sein könnte. Offenbar wolle die Bahn ablenken von eigenen Problemen, sagte Matthias von Herrmann von den "Parkschützern" laut SWR. Das Projekt macht mit immer neuen Kostensteigerungen und Verzögerungen Schlagzeilen. Zuletzt erhöhte der Aufsichtsrat der Bahn den Finanzierungsrahmen von 6,5 auf 8,2 Milliarden Euro. Außerdem rechnet man damit, dass der unterirdische Durchgangsbahnhaft statt 2021 erst 2025 eröffnet werden kann. Und das liegt definitiv nicht nur am Juchtenkäfer.

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