Süddeutsche Zeitung

Nach dem Sturm:"Es ist unheimlich gefährlich im Wald"

Die Stürme der vergangenen Woche haben ihre Spuren in den Wäldern hinterlassen. Die Aufräumarbeiten können noch Wochen dauern. Deshalb sollten Besucher auf Spaziergänge dort verzichten.

Von Alexander Menden

Die Sturmtiefs der vergangenen Tage sind weitgehend abgeflaut. Doch die Forstverwaltungen warnen noch immer dringend davor, in den Wald zu gehen. Bis die Sturmschäden dort beseitigt sein werden, wird es einige Zeit in Anspruch nehmen. Grundsätzlich betritt man Wälder stets auf eigene Gefahr. Die derzeitigen Bedingungen erschweren im Falle eines Unglücks allerdings auch die Arbeit der Rettungskräfte, erklärt Mathias Aßmann, Sprecher der Niedersächsischen Landesforsten in Braunschweig.

SZ: Herr Aßmann, worauf muss man besonders achten, wenn man nach einem Sturm in den Wald geht?

Mathias Aßmann: Viele Leute denken: "Der Sturm ist vorbei, jetzt kann ich wieder." Momentan sollte man aber grundsätzlich gar nicht in den Wald gehen. In den Baumkronen hängen noch immer starke Äste, häufig wie am seidenen Faden. Die können selbst bei völliger Windstille noch Tage später unvermittelt herunterfallen. Auch Bäume, die vom Wind nur angeschoben sind, brechen oft ganz ohne Wind um.

Der Boden ist aufgeweicht, oft liegen auch noch Bäume auf den Wegen. Wie gefährlich ist das?

Die Waldwege sind tatsächlich noch bei Weitem nicht wieder frei geschnitten. Wenn Besucher, die sich nicht an unsere Empfehlung halten, da drüberklettern und später verunglücken, weil sie beispielsweise von einem herabfallenden Ast getroffen werden, dann haben auch die Rettungskräfte ein Problem. Der Rettungswagen kann nämlich über diesen Stamm nicht einfach hinwegfahren, und auch die Rettungskräfte geraten in Gefahr.

Müssen die Kräfte, die jetzt aufräumen, zusätzliche Schutzmaßnahmen treffen?

Wir sind gerade in einer sehr frühen Phase nach dem Sturm, es ist nach wie vor unheimlich gefährlich im Wald. Aber Menschen, die im Wald arbeiten, sind immer gut ausgerüstet, denn es ist eine gefahrenträchtige Arbeit. Man trägt zum Beispiel bei der Holzernte immer einen Helm, auch wenn kein Sturm war. Außerdem kommen Spezialmaschinen hinzu, die diese Aufräumarbeiten auch sicherer machen.

Als Laie stellt man sich vor, dass ein Sturm vor allem kranke Bäume umreißt, die ohnehin hätten gefällt werden müssen. Ist das realistisch?

Es ist weitaus komplizierter, weil so viele Faktoren zusammenspielen: Es kommt darauf an, aus welcher Richtung der Wind weht, ob in starken Böen oder mit einer hohen Geschwindigkeit. Dann bieten zum Beispiel Laubbäume im Winter weniger Angriffsfläche als Nadelbäume, die das ganze Jahr voll benadelt sind und wie ein Segel funktionieren. Viele Bäume sind auch aufgrund der Dürre, die wir in den vergangenen drei Jahren hatten, in ihrer Stabilität beeinträchtigt. Im trockenen Boden sind die Wurzeln abgestorben oder die Kronen ausgedörrt. Bei denen bricht unter stürmischen Bedingungen leichter was heraus.

Können Sie schon ungefähr abschätzen, wann die Wälder wieder zu betreten sein werden?

Nein, man kann jetzt nicht pauschal sagen: Ab nächsten Dienstag ist alles wieder okay. Das hängt viel zu sehr vom örtlich sehr unterschiedlichen Schadensausmaß ab, das man vielerorts noch nicht in Gänze überblicken kann, und davon, wie schnell Aufräumarbeiten voranschreiten. Grundsätzlich ist es ratsam, nach solchen Ereignissen auch noch länger mit sehr wachem Blick durch den Wald zu gehen.

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