Süddeutsche Zeitung

Sturmtief:Bahnchaos in weiten Teilen des Landes

Der erste Herbststurm des Jahres ist über Deutschland gefegt. Die Folgen: umgestürzte Bäume, beschädigte Häuser und viele genervte Bahnreisende.

Wer war's? Diese Frage stiftete am Donnerstag Verwirrung, hatte es doch zunächst geheißen, Sturmtief Ignatz ziehe mit heftigen Böen, Regen und Gewitter über Deutschland. Tatsächlich sei Ignatz bis zum Mittwoch wetterbestimmend gewesen, verkündete der Deutsche Wetterdienst (DWD), dann habe sich aber ein Teiltief mit dem Namen Hendrik II hervorgetan und dieses sei letztlich für den Sturm verantwortlich. Den genauen Hergang will man beim DWD noch klären.

Fest steht, dass der erste kräftige Herbststurm des Jahres mit Böen bis zu 117 Stundenkilometer vor allem Bahnreisende ausgebremst hat. In Nordrhein-Westfalen stellte die Bahn den Fernverkehr am Donnerstagvormittag für drei Stunden komplett ein, von Mittag an rollten zumindest auf den wichtigen Strecken wieder Züge. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kam der Regionalverkehr zum Erliegen, der Fernverkehr lief unter erschwerten Bedingungen. Auch in anderen Bundesländern gab es wegen Schäden an den Oberleitungen und Hindernissen auf den Gleisen erhebliche Störungen bei der Bahn.

Das Sturmfeld umfasste laut DWD das gesamte Bundesgebiet. Starker Wind und orkanartige Böen ließen zahlreiche Bäume umstürzen, sie kippten auf Schienen und Straßen. Polizei und Feuerwehren rückten zu Hunderten Einsätzen aus. In mehreren Bundesländern wurden Menschen verletzt, weil Äste und Bäume auf fahrende Autos fielen. Die Berliner Feuerwehr rief am Donnerstagmorgen den Ausnahmezustand aus. In Hamburg-Ohlsdorf stürzten zwei etwa 15 Meter hohe Bäume auf ein Auto und ein vierstöckiges Haus. Eine Sturmflut setzte den Hamburger Fischmarkt unter Wasser. Polizisten halfen einem Mädchen an einer Brüstung. Die Neunjährige habe zwar noch im Trockenen gestanden, doch das Wasser um sie herum sei bis zu 50 Zentimeter hoch gewesen, sagte ein Polizeisprecher.

In mehreren Orten in der Pfalz sowie in Koblenz fiel der Strom aus. In Essen wehte ein Kreuz von einer Kirchturmspitze und blieb in großer Höhe am Blitzableiter hängen, wo es mehrere Stunden baumelte, ehe es von Höhenrettern geborgen wurde. Auch in Bayern meldete die Polizei Hunderte Einsätze wegen Sturmschäden.

Besonders heftig wütete ein Wirbelsturm in Schwentinental bei Kiel. Häuser wurden beschädigt, Gartenhütten zerstört. Feuerwehr-Einsatzleiter Kai Lässig sprach von einer "Schneise der Verwüstung", die sich auf 100 Metern Breite durch den Ort ziehe. Er habe den Rüssel des Wirbelsturms selbst gesehen. Der DWD prüft noch, ob es sich um einen Tornado handelt. Meteorologen hatten zuvor vor "kurzlebigen Tornados" gewarnt.

Vielerorts ließ der Sturm am Donnerstagnachmittag nach. Der DWD rechnete für die Nacht auf Freitag noch mit Sturmböen an den Küsten und auf Mittelgebirgsgipfeln, ansonsten nehme der Wind deutlich ab. Am Freitag seien dann im Norden und in der Mitte Deutschlands erneut Sturmböen und einzelne Gewitter zu erwarten.

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SZ/dpa/nas/feko
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