Studentenmord in Perugia:Der vierte Mann

Der Mord an einer britischen Erasmus-Studentin erschüttert Perugia - nun wurde ein Tatverdächtiger bei Koblenz gefasst.

Julius Müller-Meiningen

Vielleicht bekommen sie jetzt die Antworten auf alle Fragen, die in den vergangenen drei Wochen unbeantwortet blieben. In einem Zug zwischen Koblenz und Mainz haben Ermittler am Dienstag den "vierten Mann" festgenommen, von dem seit Tagen in allen Zeitungen und auf allen Fernsehkanälen Italiens die Rede ist: Rudy Hermann G., 21 Jahre alt, geboren in der Elfenbeinküste, wurde seit Anfang der Woche mit internationalem Haftbefehl gesucht, weil er unter Verdacht steht, an der Ermordung der 21 Jahre alten Meredith K. in Perugia beteiligt zu sein.

Perugia; Reuters
(Foto: Foto: Reuters)

Die Britin Meredith K. war im August aus Leeds gekommen, um am EU-Studienprogramm Erasmus teilzunehmen. Sie hatte sich Perugia ausgesucht, die Hauptstadt von Umbrien, 140.000 Einwohner, 30.000 Studenten. Ein mittelalterliches Kleinstadtidyll.

Sodom und Gomorrha in Umbrien?

Seit 1. November, als Meredith ermordet wurde, ist das Städtchen in die Schlagzeilen geraten. Bald verglichen Kommentatoren das freizügige Studentenleben mit Verhältnissen wie auf Ibiza. Sodom und Gomorrha in Umbrien? Der Fall Meredith wird ausgeschlachtet, weil die Umstände ihres Todes nicht zu dem friedlichen Umfeld passen wollen. Und weil die Geschehnisse seltsam mysteriös erscheinen.

Nach den bisherigen Erkenntnissen der Polizei starb Meredith K. am 1. November in ihrer Wohnung in Perugia, zwischen 22 Uhr und Mitternacht. Aufgefunden wurde sie mit durchschnittener Kehle, halb entkleidet. Kurz vor ihrem Tod soll Meredith möglicherweise erzwungenen Geschlechtsverkehr gehabt haben.

Als Tatwaffe identifizierte die Polizei ein Küchenmesser aus dem Besitz des 24-jährigen italienischen Studenten Raffaele S., der ein paar Wochen vor Merediths Tod mit der Mitbewohnerin des Opfers, der 20-jährigen Amerikanerin Amanda K., zusammengekommen war.

Amanda und Meredith arbeiteten gelegentlich für Patrick L., 38 Jahre alt, aus Zaire, der in Perugia die Kneipe "Le Chic" betreibt. Alle drei sind seit über einer Woche in Haft und werden des Mordes sowie der Vergewaltigung beschuldigt.

DNA-Spuren auf der Tatwaffe

Vor allem die 20-jährige Studentin Amanda K. aus Seattle hat sich in schwere Widersprüche verstrickt. In ihrer ersten Aussage gab sie an, in der Tatnacht bei ihrem Freund gewesen zu sein. Später gestand sie, am Abend des Mordes mit Patrick L. in die Wohnung, die sie sich mit Meredith teilte, zurückgekehrt zu sein.

Von einem Nebenzimmer aus habe sie Meredith schreien hören, während Patrick L. die Freundin ermordet haben soll. Patrick hat allerdings mehrere Zeugen, die ihn zum Tatzeitpunkt in seiner Kneipe gesehen haben. Der Italiener Raffaele S. stützte erst das Alibi seiner Geliebten, inzwischen erklärt er, dass er zum Tatzeitpunkt allein zu Hause war.

Bei allen widersprüchlichen Aussagen und gegenseitigen Anschuldigungen scheinen sich die Ermittler nur noch auf die Erkenntnisse der Spurensicherung verlassen zu können. Aber auch das ist schwierig. 120 verschiedene Spuren sind gesichert worden, von denen nur 40 brauchbar sind. Seit Jahren wurde die Wohnung an häufig wechselnde Mieter, fast immer ausländische Studenten vermietet.

Auf dem Griff der Tatwaffe fanden die Ermittler jedoch DNA-Spuren von Amanda K., an der Klinge das Blut des Opfers Meredith. Vor kurzem identifizierte die Polizei Fingerabdrücke auf Merediths Kissen und auf dem Klopapier im Bad. Sie sollen vom bis gestern unbekannten "vierten Mann" stammen, der seit dem 2. November nicht mehr in Perugia gesehen wurde. 800 Kilometer von Perugia entfernt hat Interpol nun Rudy Hermann G. gefasst.

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