Studentenmord in Italien:"Ich weiß nicht, was wahr ist"

Die Tatverdächtige im Mordfall an einer britischen Erasmus-Studentin im italienischen Perugia hat eine vierseitige Aussage zu Protokoll gegeben. Ob alles wirklich so passiert ist, weiß sie allerdings nicht. Sie war unter starkem Drogeneinfluss.

Nach dem Mord an der Erasmus-Studentin Meredith Kercher in Perugia hat sich die tatverdächtige Amanda K. (20) schriftlich gegenüber der Polizei geäußert. In dem Protokoll, das dem Nachrichtensender CNN in Kopie vorliegt, heißt es, Amanda K. sei sich nicht sicher, was in der Nacht passierte, als ihre Mitbewohnerin ermordet wurde. Sie wolle aber "die Wahrheit erzählen, so gut ich kann".

Amanda K., ihr 23-jähriger Freund Raffaele S. und der 38 Jahre alte Betreiber der Kneipe "Le Chic", Patrick L., werden verdächtigt, die britische Erasmus-Studentin Meredith Kercher am 1. November ermordet zu haben. Die Polizei hatte das Mädchen mit aufgeschnittener Kehle und halb entkleidet in ihrer Wohnung in Perugia gefunden, der Wohnung, die sie sich mit Amanda K. teilte.

Amanda K. und ihr Freund befinden sich seit mehr als einer Woche in Haft und werden des Mordes sowie der Vergewaltigung beschuldigt. Patrick L. wurde am Dienstag aus der Haft entlassen.

Die 20-jährige Amanda K. berichtet, sie sei in der Mordnacht bei ihrem Freund, dem ebenfalls tatverdächtigen Raffaele S. gewesen. Sie hätten Marihuana geraucht und einen Film gesehen, als K. eine Nachricht ihres Chefs Patrick L. bekam, für den auch Meredith gearbeitet hatte.

Gedanken-Flashs vom Mörder

Patrick L. teilte ihr mit, sie müsse an dem Abend nicht mehr in der Kneipe "Le Chic" arbeiten. In ihrer Aussage heißt es, K. habe ihren Chef verschwommen in Erinnerung. "Ich sah ihn in der Nähe des Basketballfeldes. Ich sah ihn an meiner Haustür. Ich sah, wie ich mir die Ohren zuhielt, da ich Meredith in meinem Kopf schreien hörte", schrieb sie.

"Ich weiß, dass ich Meredith nicht getötet habe. Das ist alles, was ich sicher weiß.", so K. in ihrer schriftlichen Aussage. "In diesen Einblendungen, die ich immer noch habe, sehe ich Patrick als den Mörder, aber ich bin mir nicht sicher. Ich kann mich nicht hundertprozentig erinnern, ob ich in der Nacht in meinem Haus war".

Ihre widersprüchlichen Aussagen seien auf den Schock, die Anspannung und darauf zurückzuführen, dass die Polizei sie während des Verhörs geschlagen habe, betonte K. in ihrer Aussage.

"Ich zweifle sehr an der Wahrheit meiner Aussagen, da sie unter großem Druck, Schock und extremer Erschöpfung gemacht wurden", heißt es in dem Protokoll. Ihr seien 30 Jahre Haftstrafe angedroht worden und als sie sich nicht mehr genau an ein Detail erinnern konnte, habe man sie auf den Kopf geschlagen.

Kurz vor ihrem Tod soll Kercher ungewollten Geschlechtsverkehr gehabt haben. Ermittler untersuchen nun Samenspuren, die an ihr gefunden wurden, um sie mit der DNA eines vierten Tatverdächtigen, Rudy Hermann G. zu vergleichen. Der 21-Jährige, der auch des Mordes an Kercher verdächtigt wird, wurde vor drei Tagen in einem Zug zwischen Koblenz und Mainz festgenommen.

Zuvor hatte ein DNA-Test ergeben, dass auf dem Schuh des Verdächtigen Raffaele S. keine DNA-Spuren der toten Studentin waren. Auf der Bettdecke, unter der Kercher gefunden wurde, hatte die Polizei einen blutigen Schuhabdruck gefunden. Es gebe keine Beweise, dass der Schuh dem tatverdächtigen Raffaele S. gehöre.

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