Nach Brückeneinsturz in Genua:Sind private Autobahnen unsicherer?

Autobahnbrücke in Genua eingestürzt

Die Morandi Autobahnbrücke gehörte dem privaten Autobahnbetreiber Atlantia.

(Foto: dpa)
  • Die italienische Regierung erhebt nach dem Brückeneinsturz in Genua schwere Vorwürfe gegen den Konzern Atlantia.
  • In vielen europäischen Ländern werden Autobahnen immer häufiger von privaten Firmen betrieben und gewartet.
  • Nach dem Unglück stellt sich die Frage, ob mit der Privatisierung von Fernstraßen die Sicherheit leidet.

Von Markus Balser

Es ist noch nicht lange her, da wollte Italiens größter Autobahnbetreiber Atlantia für den Aufbruch stehen. Die Erneuerung eines berüchtigten Autobahnstücks zwischen Bologna und Florenz pries das Unternehmen Ende 2015 als "Symbol des italienischen Neubeginns". Doch nach dem Brückeneinsturz bei Genua steht der Konzern, der über seine Tochter Autostrade per l'Italia gut 3000 der 6500 italienischen Autobahnkilometer betreibt, für ganz andere Bilder.

Die italienische Regierung erhebt bereits am Tag nach dem Einsturz schwere Vorwürfe gegen den Betreiber. Von Vertragsbruch und mangelhafter Wartung ist die Rede. Seitdem in Frankreich und Italien, inzwischen aber auch in vielen anderen europäischen Ländern und immer häufiger auch in Deutschland, Autobahnen von privaten Firmen gewartet und betrieben werden, kommt nach dem schweren Unglück die drängende Frage auf: Gerät mit der Privatisierung von Fernstraßen die Sicherheit unter die Räder?

Der Ärger über die hohen Preise für die Autobahnnutzung wächst

Italien privatisierte seine Autobahnen 1999. Nur 950 von insgesamt 6500 Kilometern blieben im Besitz der staatlichen Straßengesellschaft Anas. Die war in den vergangenen Jahren tief in einem Sumpf aus Korruption und Misswirtschaft versunken. Das Vertrauen in die staatliche Anas war noch geringer als in private Betreiber. Dem Unternehmen Atlantia, das auch in Brasilien, Indien, Chile und Polen Autobahnen betreibt, wurde allerdings immer wieder vorgeworfen, trotz hoher Einnahmen zu wenig in die Infrastruktur zu investieren. Der Betreiber reichte die Kritik unter Verweis auf lange Genehmigungsprozesse der staatlichen Anas weiter.

In anderen Ländern fallen die Erfahrungen gemischt aus. In Österreich wurde das Vignettensystem 1997 eingeführt. Es ist heute im Land selbst nahezu unumstritten. Der Betreiber Asfinag gehört der Republik Österreich. Er plant, baut, erhält und betreibt sämtliche Autobahnen und Schnellstraßen des Landes über die Mauteinnahmen. Frankreich privatisierte seine Autobahnen in den 70er-Jahren. Die Qualität der privaten Fernstraßen ist zwar besser als die der staatlichen. Allerdings wächst der Ärger über die hohen Preise für die Autobahnnutzung.

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