Streiflicht:Männersache

Joschka, der Papst, Marx und Müntefering bestimmen unsere Welt. Eine Welt zwischen Vatertagshorror und dem Muttertagskitsch. Mannomann.

Am Tage vor dem Vatertag, vier Tage vor dem Muttertag, ist es Zeit, innezuhalten. Und sich zu fragen, was die vergangenen Wochen denn waren. Ein Traum? Ein Albtraum? Oder ein Märchen, gut oder böse? Diese Antwort jedenfalls kann man schnell geben: Sie waren eine reine Männersache. Bei Tag und bei Nacht regierten die Herren der Schöpfung über die Bilder und Nachrichten. Der Papst und die Kardinäle auf dem Petersplatz. Joschka Fischer und die Großinquisitoren im Visa-Ausschuss. Marx und Müntefering, brüderlich vereint. Die Meistermänner des FC Bayern und ihr rituelles Weißbierbad, igitt! Wer umschaltete zu den Kulturkanälen, begegnete auch dort nur den Kraftkerlen: dem Superdichter Schiller vor allem und seinen megastarken Mannsgestalten. Und nun kommt auch noch der männlichste aller Männertage, der Vatertag, mitsamt seinen sattsam bekannten Fröhlichkeitsexzessen und Trunkenheitsorgien.

Mannomann

Ein Mann döst in Leipzig am Vatertag auf seiner Bierkiste.

(Foto: Foto: dpa)

Die Frauennachrichten der letzten Wochen hingegen klangen eher zaghaft und betrüblich, und sie betrafen ausgerechnet die Berühmten und die Schönen - hier ein paar Schlagzeilen: ¸¸Nadja Auermann glaubt nicht an Märchen". ¸¸Warum Eva Herman ihren Millionär verlassen hat". ¸¸Quelle verzichtet auf Claudia Schiffer". Da ist es gut, dass uns kurz vor dem Muttertag auch eine beglückende Meldung erreichte. Man fand sie natürlich nicht bei den dicken Schlagzeilen auf der Seite 1 (dem Deutschen fehlt der Wille zum Kind), sondern im Vermischten: Die serbische Bäuerin Zlatija Jovic, 67 Jahre alt, sieht Mutterfreuden entgegen, woran neben einem gnädigen Gott gewiss auch ihr Ehemann Miodrag, 53, seinen gerüttelten Anteil hat. Die späte Mutter ist frohgemut, sie fürchtet sich nicht. In aller Seelenruhe geht sie ihren täglichen Arbeiten nach (¸¸Ich koche, putze, wasche, mache Feldarbeit"), was erneut die Vorzüge eines einfachen, erdverbundenen Lebens beweist. Niemals nämlich wird Zlatija Jovic einen Millionär verlassen müssen (höchstens ihren Miodrag), und sie wird auch niemals Model bei Quelle, und trotzdem ist Miodrag ihren weiblichen Reizen erlegen.

Wer dem Vatertagshorror und dem Muttertagskitsch entkommen will, kann natürlich am einen Tag Christi Himmelfahrt feiern, am anderen Tag das Ende des Krieges. Oder er kann tun, was Zlatija und Miodrag tun: kochen, putzen, waschen, Feldarbeit und das Übrige. Man kann aber auch in der Bibel lesen, die unglaubliche Geschichte von Abraham und Sarah, die noch viel älter waren als das serbische Paar, da Isaak kam, ihr herrliches Kind. Der Name Isaak, so erzählt nun unser liebes Lexikon, bedeutet: ¸¸Gott möge lächeln". Letzte Frage, mit der Bitte um eine kurze Antwort: Warum lächelt Gott? Weil er an Märchen glaubt. Das, aber womöglich nicht nur das, unterscheidet ihn von Nadja Auermann.

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