Süddeutsche Zeitung

Strafanzeige gegen Lidl:Todesursache verseuchter Billig-Käse?

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Die Verbraucherschützer von Foodwatch verklagen den deutschen Discounter Lidl - wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung.

Stößt man an Bahnhofskiosken oder Autobahnraststätten auf angelaufenen Käse mit trockenen Rändern ist das ein untrügliches Zeichen, dass dieser Aufschnitt seine besten und vermutlich auch bakterienfreien Zeiten bereits hinter sich hat. Im ordentlich abgepackten und noch verschweißten Käse aus dem Supermarkt dagegen vermuten wohl die wenigsten Verbraucher eine Gesundheitsgefahr.

Doch wegen eines mit Bakterien verseuchten Käses stellt die Organisation Foodwatch nun Strafanzeige gegen einen deutschen Discounter. Der Vorwurf: Verdacht auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung.

Gefährliche Listerien im Käse

Die Verbraucherschützer werfen Lidl vor, die Öffentlichkeit zu spät und zu wenig eindringlich vor der akuten Gesundheitsgefahr durch einen mit Listerien verseuchten Käse gewarnt zu haben. Die Keime können beim Menschen schwere Infektionen auslösen. Nach Angaben der Bundesregierung können drei Todesfälle in Deutschland mit dem Käse in Verbindung gebracht werden.

Auch gegen das Stuttgarter Verbraucherschutzministerium und die österreichische Firma Prolactal, die den Harzer Käse hergestellt hatte, erstattete Foodwatch Anzeige. Das Stuttgarter Ressort habe zu spät von sich aus über die von dem Käse ausgehende Gefahr gewarnt, argumentiert die Organisation.

Das Verbraucherschutzministerium wies die Vorwürfe als unbegründet zurück. Die Behörde habe unmittelbar nach Vorliegen entsprechender Warnhinweise die Firma Lidl und die Öffentlichkeit über die Gefahr informiert, sagte ein Sprecher.

Völlig unzureichende Informationspolitik

Der zweitgrößte deutsche Discounter Lidl hatte am 23. Januar den Harzer Käse von Prolactal zurückgerufen und den Rückruf im Februar mit deutlicherer Formulierung erneuert. Foodwatch bezeichnet die Warnungen von Lidl jedoch als "völlig unzureichend".

Die private Verbraucherschutzorganisation sieht einen Zusammenhang zwischen dem Tod eines Mannes in Hessen und dem bakteriell verunreinigten Aufschnitt: Der Mann soll den gefährlichen Käse trotz der ersten Warnung von Lidl gegessen haben. Er wurde am 11. Februar in ein Krankenhaus eingeliefert - wo er schließlich verstarb.

Die Staatsanwaltschaft Heilbronn ermittelt gegen Lidl und prüft einen Verstoß gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, in dem auch die Information der Öffentlichkeit geregelt ist.

Foodwatch fordert indes eine umfassende und aktive Informationspflicht der Behörden bei Gesundheitsgefahren. Es sei "inakzeptabel", dass der Staat die Information der Öffentlichkeit an Discounter delegiere, erklärte Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. Gesundheitsrelevante Hinweise müssten unverzüglich und über alle verfügbaren Kanäle an die Bevölkerung weitergegeben werden - und zwar mit Nennung von Produktnamen und Verkaufsstellen.

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dpa/AFP/jobr
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