Stilkritik:Klatsch

Stilkritik: Foto: Tiziana Fabi/AFP

Foto: Tiziana Fabi/AFP

Bomben müssen nicht immer aus Sprengstoff bestehen, warnt Papst Franziskus - auch Worte können unter Umständen explosive Wirkung entfalten.

Von Martin Zips

Papst Franziskus hat während eines Treffens mit Nonnen und Ordensbrüdern vor Klatsch und Tratsch gewarnt. Franziskus sagte: "Wer lästert, der ist ein Terrorist. Er wirft Wortbomben". Recht hat er. Wortbomben lauern überall. Im Kloster, in der Familie, in der Arbeit. Doch sind wir, so gesehen, nicht alle Terroristen?

Anscheinend. "Frag die Karriereberaterin" auf Spiegel.de. Thema heute: "Hilfe, meine Mitarbeiter lästern ständig." Die Karriereberaterin: Organisieren Sie einen "Halbtages-Workshop, in dem Sie nur über Vertrauen sprechen." Denn: Vertrauen ist das Ende eines jeden Klatsches.

Das Wort "Klatsch" entstand an den Waschplätzen. Während beim Schlagen der nassen Wäsche anstößige Flecken entfernt wurden, zerrissen sich die Wäscherinnen über die Träger der Kleider das Maul. Wie herrlich reinigend das war! Heute würde man die Waschweiber zum Halbtages-Workshop verdonnern. Am Flipchart stünde der Satz: "Ich darf nicht böse über andere reden, das ist schlecht fürs Team."

Ob als Waschfrau, Ordensmann oder Bürodepp - nie sollte man es freilich so weit treiben wie die Wassernymphe Lara, die wegen ihrer fürchterlichen Geschwätzigkeit zu Recht zur schweigenden Göttin des Höllensumpfes degradiert wurde. Oder wie die Bergnymphe Echo, die von der Göttin Hera dazu verdonnert wurde, nur noch bereits Gesagtes zu wiederholen.

Ob man mit ähnlichen Tricks dem internationalen Klatsch-&-Tratsch-Terrorismus vielleicht das Handwerk legen könnte? Wohl eher nicht. Klatsch ist menschlich und unausrottbar. Daran würde auch eine Dienstreise zum Anti-Wortbomben-Workshop mit dem Papst nach Rom nichts ändern. Obwohl: So eine Reise ist sicher unheimlich gut fürs Team.

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