Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Gruppenbild

Treffen sich 15 Herren aus dem Silicon Valley beim GQ-Magazin. Was der Witz daran sein soll? Das Gruppenbild, das im Original nur Männer zeigt - und bei Veröffentlichung auf wundersame Weise um zwei Frauen ergänzt worden war.

Von Max Sprick

Hätte diese Geschichte eine Pointe, könnte sie wie ein Witz beginnen: Wie viele Frauen braucht es, um ein Gruppenfoto zu schießen? Eine, die den Auslöser drückt? Haha. Definitiv falsche Antwort, haben ja jüngst der ADAC, die Immobilienmakler von Engel und Völkers und das Bundesinnenministerium bewiesen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Sie alle posteten Fotos ihrer Vorstände oder Minister, sie alle waren ausschließlich: Männer. Und wurden für ihre zur Schau gestellte Männlichkeit mit ausgiebiger Häme bedacht.

Die Männer aus dem Silicon Valley sind da moderner und schlauer - sollte man meinen. Anfang Juni war eine Delegation von ihnen, unter anderem mit Amazon-Gründer Jeff Bezos und weiteren digitalen Alphamännern, zu Gast bei Brunello Cucinelli, einer italienischen Modemarke.

Das Männermagazin GQ, auf dessen Einladung das Treffen stattfand, bebilderte seinen Artikel dazu mit einem Gruppenfoto: 15 Männer und zwei Frauen, Ruzwana Bashir, Tech-Gründerin, und Lynn Jurich, Solarstrom-CEO, durften mit aufs Bild. Nur: In echt waren weder Bashir noch Jurich drauf. Die Silicon-Valley-Männer stellten sich nämlich in der ADAC-Immobilien-Minister-Tradition auf.

Warum, ist nicht bekannt, wohl aber, dass das originale Gruppenfoto ausschließlich 15 Männer zeigt. Man weiß das, weil Brunello Cucinellis PR-Mann das frauenlose Original auf Linkedin postete. Und weil auf dem bearbeiteten Bild bei genauerem Hinsehen ein paar Ungereimtheiten auffallen. Die Ausrichtung der Beine von Lynn Jurich passt nicht zur Haltung ihres Oberkörpers, ihr Gesicht wirkt pixeliger als der Rest des Bildes.

Natürlich flog die Fälschung bald auf und dem Magazin um die Ohren. Das GQ-Artikelbild wurde inzwischen geändert. Wer positiv denken will: Man kann dem Fälscher zugute halten, dass er den Männerüberschuss erkannt hatte und beheben wollte. Dass der Verantwortliche dachte, er käme mit diesem Fake durch, ist dann aber doch ein Witz.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2019
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