Stilkritik:Gerüchte

kobmi

Fotos: Reuters, AFP

Wie bitte? Die Witwe des ehemaligen südkoreanischen Staatschefs heiratet den US-Rapper Dr. Dre? Über Sinn und Unsinn von Falschmeldungen - und ihre juristischen Folgen.

Von Michael Neudecker

Die Gerüchteküche produziert Latrinenparolen, die via Flurfunk weitergeflüstert werden, woraus dann häufig unbestätigte Meldungen entstehen. Aufschlussreich auch, was dazu Wikipedia schreibt: "Das Gerücht lebt von dem Spannungsverhältnis, ob es denn nun wahr oder unwahr ist. Erfüllt es vorhandene Erwartungshaltungen, fällt ein Gerücht auf einen nahrhaften Boden; es scheint für Momente Orientierung zu bieten." In diesem Zusammenhang ist die Meldung zu betrachten, die am Montag in die Redaktionen geschickt wurde: Ein Südkoreaner sei zu einer Geldstrafe von 3700 Euro verurteilt worden, weil er im Internet das Gerücht verbreitete, Lee Hee Ho werde Dr. Dre heiraten. Lee Hee Ho ist 94 Jahre alt und die Witwe des ehemaligen südkoreanischen Staatschefs, Dr. Dre ist 52 Jahre alt und ein seit den 1980er-Jahren bekannter (und verheirateter) amerikanischer Rapper. Was die Spaßbremsen der südkoreanischen Justiz völlig verkennen: erstens, dieses Gerücht ist gar keines, das diesen Namen verdient (siehe Wikipedia), und zweitens: Was wäre das für eine Welt, ohne Gerüchte? Allein der Gedanke lässt einen schaudern: eine Welt, in der man sich nur noch darüber unterhalten könnte, was wirklich wahr ist.

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