Mit dem ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner (1906-1990) verschwand auch ein wunderbares Wort aus der politischen Alltagssprache: "Mumpitz". Mumpitz ist eine Komposition aus "Mummelmann" und "Butzemann" und bezeichnet damit einen stoffverhüllten Dämon, dem man eigentlich keine größere Beachtung schenken sollte.
Das aufblasbare Kapuzenshirt, welches ein paar Amerikaner nun über ein Kickstarterprojekt auf den Markt bringen wollen, ist ein solcher Mumpitz. Ein in der Kappe verstecktes, mit Atemluft befüllbares Nackenkissen für den Hoodie-tragenden Jetset-Nerd, das hat ja gerade noch gefehlt in der an Mumpitz keineswegs armen Modewelt. Früher, als der Hoodie noch Zipfel, Haube oder Gugel hieß, galt er vor allem als zweckmäßige Kopfbedeckung für Arbeiter, Zwerge, Bauern, Bettelmönche, Narren und Büßer. Das Kinderlied "Bi-Ba-Butzemann" beschreibt einen frühen Hoodie-Träger als tanzenden, von Kindern gefürchteten Hausgeist ("mal ist er hier, mal ist er dort/dann ist er plötzlich wieder fort"). Ein Verwandter von Poltergeist, Puck und Sensenmann. Eine Figur, die selber eigentlich nur Mumpitz ist.
Ebenso wie der Zwerg, der Mönch und der Narr, genießt auch der heutige Kapuzenpulli-Träger den (durch seine mit Bürokonventionen bewusst brechende Kleiderwahl erworbenen) Ruf eines nonkonformen, aber irgendwie genialen Eigenbrötlers. Ein erklärtes Mitglied der Working Class, welches sich unter Hip-Hoppern ebenso zu Hause fühlt wie in Harvard oder unter Hooligans in der Fankurve eines Fußball-Klubs. Würde sich ausgerechnet dieser Menschenschlag künftig für ein eingenähtes, aufblasbares Seniorenkissen im Shirt entscheiden, so höchstens aus Angst davor, dass es mal was gehörig auf die Mütze gibt.