Joakim Larsson fährt einen alten Mazda mit aufgerissener Innenverkleidung und einem vollen Aschenbecher. Larsson hält mit der einen Hand eine Zigarette und mit der anderen das Lenkrad, er sagt, dass er in einem Büro arbeitet, gerne fischen geht und am liebsten seine Ruhe hat. Das Wort, das einem einfällt, um Joakim Larsson zu beschreiben, ist genügsam. Dabei ist er reich, weil ein ruheloser Mann mit sehr viel Phantasie kurz vor seinem Tod drei Krimis geschrieben hat, die nun auf der ganzen Welt gelesen werden: Stieg Larsson, Joakims Bruder. Und sein Erblasser.
Stieg Larsson, geboren 1954 in Umea in Nordschweden, gestorben 2004 in Stockholm, hat inzwischen eine fast gespenstische Anziehungskraft. Weil seine Krimis Menschen magisch an sich zu binden scheinen; weil er gestorben ist, bevor die Bücher veröffentlicht wurden; weil er seine Ideale stur verteidigte; und weil sein Bruder, sein Vater und seine Lebensgefährtin seit Jahren um das Erbe streiten. Es geht natürlich um Millionen.
In Schweden, wo nur neun Millionen Menschen leben, wurden bisher 3,5 Millionen Stieg-Larsson-Bücher verkauft. Weltweit sind es 15Millionen. In Deutschland schlagen sich die Menschen die Nächte um die Ohren, weil sie nicht mehr aufhören können, die Geschichten zu lesen von dem kompromisslosen Journalisten Mikael Blomkvist und der spindeligen Einzelgängerin Lisbeth Salander. Am 1. Oktober läuft die Verfilmung seines ersten Krimis - ,,Verblendung'' - in den Kinos an.
Mikael Blomkvist, die eine Hauptfigur, arbeitet beim Magazin Millenium. Er ist Enthüllungsjournalist, der eigentlich die Fälle lösen soll. Lisbeth Salander stößt nur hinzu, wird aber zum Star der Romane. Sie ist ein Mensch, den es vermutlich in dieser Mischung nicht geben kann: kaputt, genial, brutal, sensibel, konsequent, ängstlich, klein, dürr, exzellent im Umgang mit Computern. Blomkvist und Salander schlafen miteinander, aber sie finden nicht zueinander; beide sind zu egozentrisch, beide haben Bindungsangst.
"Mankell kann einpacken!"
Das, aber nur das, erinnert an Kommissar Kurt Wallander von Henning Mankell, der die Liebe der Deutschen für schwedische Krimis neu erweckt hatte; immer mehr überschwemmten den Markt, und gerade als eine gewisse Müdigkeit einsetzte wegen der ganzen mittelmäßig schreibenden Arnes und Akes, da kam Stieg Larsson über Schweden und die Welt. Er spielte in einer höheren Liga, und er wusste das. Als er die drei Manuskripte bei seinem Verlag abgegeben hatte, soll er gesagt haben: "Mankell kann einpacken!" Joakim Larsson erzählt das.
Wer Joakim Larsson treffen will, muss fast bis zum Polarkreis reisen - in die Provinz Västerbotten nach Umea, die Heimatstadt von Stieg. Joakim Larsson ist vier Jahre jünger und ein paar Zentimeter kleiner als der Bruder, aber er sieht ihm ähnlich - die gleichen blonden, dichten, brav gescheitelten Haare. ,,Einmal haben wir uns nach längerer Zeit wiedergetroffen und sehr gelacht, weil wir exakt die gleichen Brillengestelle gekauft hatten.'' Joakim Larsson ist inzwischen auch berühmt; zumindest in Schweden. Wegen des Erbstreits.