Wesley Snipes ist ein Kämpfer. Er hat den Schwarzen Gürtel in Shotokan Karate und ist Kung-Fu-Virtuose. In der "Blade"-Trilogie jagt er Vampire. In "Gallowwalkers", seinem nächsten Film, nimmt er es mit Zombies im Wilden Westen auf.

"Die Kunst des Krieges", der berühmte Text des chinesischen Strategen und Philosophen Sun Tzu ist eine Art Markenzeichen für seine Film-Persona geworden. Doch seinen Privatkrieg hat er nun verloren.
Nachdem ihn eine zwölfköpfige Jury in Ocala, Florida im Februar für schuldig befunden hatte, von 1999 bis 2001 keine Steuererklärung abgegeben und keine Steuern gezahlt zu haben, verurteilte ihn das Gericht nun zur Höchststrafe von drei Jahren Gefängnis. Zusammen mit Zinsen und Strafgebühren schuldet Snipes dem amerikanischen Staat 41 Millionen Dollar.
"Eine mächtige Eiche"
Der Richter ließ sich weder von den Briefen erweichen, die Schauspielerkollegen wie Denzel Washington ("er ist wie ein Baum, eine mächtige Eiche") und Woody Harrelson ("er sucht nach Lösungen, statt dem Schrecken und der Ungerechtigkeit, die unsere Welt plagen, nur zuzusehen") für ihn geschrieben hatten; noch von den drei Schecks über je fünf Millionen, die Snipes als Anzahlung vor der Urteilsverkündung dem Richter übergeben wollte.
Der Richter rechtfertigte das harte Urteil mit Snipes' Prominenz und seiner langen Geschichte als Steuerquerulant. Tatsächlich hätte es für ihn weit schlimmer ausgehen können. Von den Vorwürfen der Verschwörung und des Steuerbetrugs, die ihm bis zu 16 Jahren Gefängnis hätten einbringen können, hatte ihn die Jury freigesprochen.
Es geht ums Prinzip
Snipes ist nicht der erste Prominente, der wegen Steuervergehen ins Gefängnis muss. Leona Helmsley etwa, die New Yorker Hotelkönigin und Milliardärin musste 1989 als fast 70-Jährige für 19 Monate hinter Gitter. "Wir zahlen keine Steuern. Nur die kleinen Leute zahlen Steuern", hatte sie einmal gesagt.
Doch während die meisten aus bloßer Gier Steuern hinterziehen, geht es Snipes zusätzlich ums Prinzip. Der Schauspieler ist das prominenteste Mitglied der amerikanischen Anti-Steuer-Bewegung, die dem Staat schlicht das Recht abspricht, einen Teil des Einkommens seiner Bürger für gemeinschaftliche Zwecke zu kassieren. Selbst seine Anwälte nannten Snipes' Ansichten "verrückt", "exzentrisch" und "völlig daneben", auch wenn sie befanden, er habe keine Gesetze gebrochen.
Bei seinen Versuchen, sein Geld zu behalten, bewies Snipes einige Kreativität. Er legte es bei Offshore-Banken an, schickte dem Finanzamt ungedeckte Schecks über 14 Millionen Dollar und behauptete sogar, er sei kein amerikanischer Staatsbürger. Als er schließlich angeklagt wurde, weigerte er sich, sich der Polizei zu stellen. Dann versuchte er, den Prozess nach New York zu verlegen. In Zentralflorida, wo der Ku-Klux-Klan eine große Rolle gespielt habe, sei kein faires Verfahren möglich.
Schließlich schickte er ein von seinen Steuerberatern zusammengestelltes 600-seitiges Traktat an die Finanzbehörden, das darlegen sollte, warum er keine Steuern schulde. Es sei ihm unerklärlich, schrieb er darin, warum die Behörden ihm und anderen nicht dabei helfen würden, "Gesetzen nicht zu folgen, die für sie eindeutig nicht gelten".
Wie die meisten "tax protesters" und "Nichtsteuerzahler" beruft sich Snipes auf "section 861" des amerikanischen Steuerrechts. Nach ihrer Leseart befreit die obskure Passage inländische Einkünfte grundsätzlich von der Steuerpflicht. Hunderttausende von Amerikanern haben es nach Auskunft des Justizministeriums schon versucht, mit demselben legalistischen Trick um die Steuerzahlung herumkommen und auf diese Weise dem Staat Hunderte von Millionen Dollar vorenthalten.
Snipes' Helfer bei seinem obsessiven Kampf gegen die Behörden waren Douglas Rosile und Eddie Kahn, zwei Wortführer der Steuerverweigerer und Spezialisten der "section 861"-Interpretation. Rosile war Steuerberater, bis ihm die Lizenz entzogen wurde; Kahn ist der Gründer von "American Rights Litigators" und "Guiding Light of God Ministries", zwei Firmen, deren einziger Zweck laut Staatsanwaltschaft die Hilfe bei der Steuerhinterziehung war. Rosile wurde mit Snipes zu viereinhalb Jahren, Kahn, der sich sogar weigerte, an seinem Prozess teilnehmen, zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Snipes will Berufung einlegen und hält sich weiterhin für unschuldig.