Sterneküche:Das beste Restaurant der Welt schließt

Sterneküche: René Redzepi, hier bei einem Pop-up in Tokio, will sein berühmtes Restaurant zu einer Testküche machen. Logo, Name und Koch aber bleiben.

René Redzepi, hier bei einem Pop-up in Tokio, will sein berühmtes Restaurant zu einer Testküche machen. Logo, Name und Koch aber bleiben.

(Foto: Yuya Shino/Reuters)

Das weltberühmte Kopenhagener Sternerestaurant Noma will kaum mehr Gäste empfangen, sondern ein großes Labor für innovatives Essen werden.

Von Marten Rolff

Das weltberühmte Kopenhagener Sternerestaurant Noma will seinen Speisesaal für Gäste weitgehend schließen und sich als großes Labor für innovatives Essen grundlegend neu aufstellen. "Um weiterhin Noma zu sein, müssen wir uns verändern", teilten Küchenchef René Redzepi und sein Team am Montag mit. Die Wintersaison 2024 werde deshalb die letzte Saison des Restaurants in seiner bisherigen Form sein. 2025 werde es als "Noma 3.0" in eine große Testküche verwandelt, die sich der Innovation von Lebensmitteln und der Entwicklung neuer Geschmacksrichtungen widmen werde.

Das Restaurant war 15 Jahre lang stilbildend für Gourmetküchen auf der ganzen Welt. Es trägt derzeit drei Michelin-Sterne und wurde fünfmal zum weltbesten Restaurant gekürt, zuletzt 2021. Sein Name setzt sich aus den ersten Silben der dänischen Begriffe "nordisk" (nordisch) und "mad" (Essen) zusammen.

Sterneküche: Gäste sollen hier ab 2025 eher selten essen: Der Speisesaal des Noma in Kopenhagen.

Gäste sollen hier ab 2025 eher selten essen: Der Speisesaal des Noma in Kopenhagen.

(Foto: Thibault Savary/AFP)

Das Bedienen von Gästen werde weiterhin Teil der Noma-Identität sein, allerdings werde man sich nicht mehr darüber definieren, ein Restaurant zu sein, so Redzepi. Die Planungen zur großen Umstellung des Spitzenlokals laufen den Angaben zufolge bereits seit zwei Jahren. Unter den Eindrücken der ersten Corona-Welle 2020 habe er sich entschlossen, das Restaurant langfristig auf ein anderes wirtschaftliches Fundament zu stellen, um den Fokus stärker auf Kreativität und weniger auf die Produktion legen zu können, sagte Redzepi der dänischen Zeitung Berlingske.

Die Umstellung bedeutet demnach, dass das Noma ab 2025 auf unbestimmte Zeit als klassisches Restaurant geschlossen bleiben wird, aber möglicherweise auf eine Saison pro Jahr begrenzt in Kopenhagen - oder anderswo auf der Erde - öffnen wird. Das Restaurant hatte in der Vergangenheit immer wieder Gaststationen im Ausland absolviert und temporär zum Beispiel in Tokio oder Sydney eröffnet. Der New York Times sagte René Redzepi, Gäste sollten auch in Kopenhagen künftig nur noch während solcher "Pop-up-Phasen" empfangen werden.

Die Art von Spitzenküche, die das Noma mitbegründet und auf der ganzen Welt bekannt gemacht habe, befinde sich möglicherweise in einer "Krise der sozialen Nachhaltigkeit" und damit auch in einer Glaubwürdigkeitskrise, so der Noma-Chef im Interview mit der US-Zeitung; Top-Qualität und höchste Standards zu für Gäste akzeptablen Preisen seien auf Dauer unvereinbar mit der fairen Entlohnung seiner knapp hundert Mitarbeiter. "Wir müssen uns als Branche deshalb völlig neu erfinden", so Redzepi in der New York Times.

Vor allem seit der Pandemie hat die Spitzengastronomie wachsende Probleme, Personal zu finden. Während der Zwangspause waren Mitarbeiter in andere Branchen abgewandert, viele kamen nicht zurück, auch wegen der harten Arbeit und der vergleichsweise geringen Bezahlung. Zuletzt hatte es auch in Medien auf der ganzen Welt immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen in der gehobenen Gastronomie gegeben. Wo Köche wie Popstars gefeiert würden, gründe sich ihr Erfolg zu oft auf dem Rücken anderer, sei erkauft durch unbezahlte Überstunden und eine insgesamt unangemessene Entlohnung. Unter anderem in Investigativberichten der New York Times hatten frühere Mitarbeiter die Bedingungen in mehreren weltbekannten Spitzenrestaurants beanstandet und eine Kultur des Drucks, der systematischen Ausbeutung und des Missbrauchs beklagt.

Auch René Redzepi hatte wiederholt in selbstkritischen Beiträgen und Büchern über seine Wutausbrüche und seinen Jähzorn im Zuge eines Burn-outs berichtet und angekündigt, sich zu bessern. Zuletzt war das Noma dafür kritisiert worden, dass das Pensum dort nur bewältigt werde, weil man Dutzende Gastköche aus anderen Ländern als unbezahlte Praktikanten beschäftige. Im Oktober hatte das Restaurant mit einer erstmaligen Entlohnung für die Gastköche auf diese Kritik reagiert. Dieser Schritt scheint sich nicht gerechnet zu haben.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusPrävention
:So lässt sich das Krebsrisiko senken

Von Vollkornbrot bis Lüften: Etwa 40 Prozent aller Krebsfälle in Deutschland könnten vermieden werden. Die wichtigsten Möglichkeiten, sich zu schützen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: