Sterbeverbot in Frankreich:Wehe, wenn einer stirbt

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Bürgermeister Philippe Guerin erließ in seinem Ort ein Sterbeverbot, an das sich alle Einwohner gehalten haben. Fast alle.

Charlotte Frank

Bis die Bezirksregierung in Toulouse der Gemeinde Cugneaux vergangene Woche endlich den Bau eines neuen Friedhofs genehmigte, galt dort eine ungewöhnliche Regel: Gut zwei Monate lang durfte kein Einwohner sterben. Die Idee hatte Bürgermeister Philippe Guerin.

Philippe Guerin. (Foto: Foto: oh)

SZ: Monsieur Guerin, Sie haben als erster Politiker der Welt ein Sterbeverbot in Ihrer Gemeinde erlassen. Wie sind Sie darauf gekommen? Philippe Guerin: Ich mühe mich seit fünf Jahren ab, die Bezirksregierung davon zu überzeugen, dass Cugneaux einen neuen Friedhof braucht. Wir haben zwar schon einen, aber der platzt aus allen Nähten. Wenn die Leute sterben, wissen wir kaum noch, wohin mit ihnen. Es gibt kaum noch ein freies Fleckchen Erde für neue Gräber.

SZ: Und diese Überbelegung hat auf die Bezirksregierung keinen Eindruck gemacht? Guerin: Kein bisschen. Ich wurde mit dem Argument abgewiesen, der geplante Friedhof liege in einem militärischen Sperrgebiet. Aber einen Supermarkt, den haben sie dort gestattet! Da musste also eine ausgefallene Idee her: das Sterbeverbot.

SZ: Kreativ, in der Tat. Wie haben denn die Einwohner auf die neue Regel reagiert? Guerin: Am Anfang überrascht, aber dann haben die meisten gelacht und den Einfall gelobt. Vor allem, als er vergangene Woche zum Erfolg geführt hat und wir endlich die Genehmigung bekommen haben. In spätestens einem Jahr eröffnet der zweite Friedhof.

SZ: Gratulation! Gab es trotzdem Menschen, die sich nicht an das Sterbeverbot gehalten haben? Guerin: Nun ja, fünf oder sechs gab es schon, die gestorben sind. Aber das lässt sich bei 16.000 Einwohnern binnen zweieinhalb Monaten kaum vermeiden.

SZ: Mussten die Gesetzesbrecher mit Konsequenzen rechnen? Guerin: Selbstverständlich nicht. Und es handelte sich ja auch nur um ein symbolisches Verbot.

SZ: Haben Sie schon Pläne für neue Verordnungen? Vielleicht ein Geburtenverbot, wenn Ihnen ein neuer Spielplatz versagt wird? Guerin: Nein. Spielplätze haben wir genug. Aber dass ich mir bei Bedarf mal wieder ein etwas ungewöhnliches Gesetz einfallen lasse, ist nicht ausgeschlossen.

© SZ vom 21.01.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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