"Steinschmuggel":Deutscher darf die Türkei verlassen

Der Familienvater aus Münster hatte vier Wochen im Gefängnis gesessen, weil sein neunjähriger Sohn einen Stein vom Strand im Gepäck hatte.

Im Prozess um den Schmuggel eines möglicherweise antiken Steines im südtürkischen Antalya ist ein 34-jähriger Deutscher am Dienstag ohne Kaution frei gelassen worden. Der Familienvater aus Münster könne auch das Land verlassen, beschloss das Gericht. Die Angehörigen des Angeklagten fielen sich nach dem Richterspruch in die Arme. Das Verfahren wegen Verstoßes gegen das türkische "Gesetz zum Schutz von Kultur- und Naturgütern" wird jedoch fortgesetzt. In einem neuen Gutachten soll geklärt werden, ob es sich bei dem Stein tatsächlich um ein antikes Gut handelt.

Der neunjährige Sohn des Angeklagten hatte den Stein an einem Strand bei Antalya aufgelesen und als Urlaubsandenken mitnehmen wollen. Den faustgroßen Stein hatten türkische Zollbeamte am Flughafen am 14. September beim Durchleuchten des Urlaubsgepäcks der fünfköpfigen Familie entdeckt. In der an antiken Fundstellen reichen Türkei drohen für Schmuggel von archäologischen Kulturgütern bis zu zehn Jahre Haft.

"Warum denn Steine? Gibt es in Deutschland keine Steine?", hatte Richter Fikri Durmaz am Schwurgericht von Antalya immer wieder nachgehakt, als der neunjährige Sohn des Angeklagten im Zeugenstand war. Sichtlich eingeschüchtert berichtete der Junge, er habe den auf einem Hügel am Strand aufgelesenen Stein für die Schule und seine Lehrerin mitgenommen. Mitbringsel aus verschiedenen Ländern sollten nach den Ferien in der Schule ausgestellt werden. "Das ist ein großer Stein. Wie kannst Du den allein aufheben", bohrte der Richter nach. "Ich wusste nicht, dass das verboten ist", verteidigte sich der Vater. Er habe zwar gewusst, dass sein Sohn Steine dabei hatte, den bewussten Stein habe er aber erst am Flughafen zu sehen bekommen. Die Kinder hätten ihre Sachen selbst gepackt.

Der Familienvater war nach dem einwöchigen Urlaub am Flughafen festgenommen worden und saß dann für vier Wochen in Untersuchungshaft. Nach dem Richterspruch wollte die Familie noch am Dienstag zurück nach Deutschland fliegen. Mit der Heimreise ist für den Münsteraner die Sache aber noch nicht ausgestanden. Das Verfahren geht auch ohne seine Anwesenheit weiter.

Ein Gesetz aus dem Jahr 1983 stellt in der Türkei "Natur- und Kulturgüter" unter strengen Schutz. Ausgrabungen sind nur mit Genehmigung des Kulturministeriums in Ankara gestattet. Wer zufällig etwas findet, muss den Fund spätestens nach drei Tagen dem nächsten Museum oder Dorfvorsteher melden. Der Versuch, solche Gegenstände außer Landes zu bringen, wird besonders hart bestraft.

(dpa)

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