Star Wars:Darth Vader auf Krankenbesuch

Star Wars film saga 40th anniversary exhibit

Mitglieder der spanischen Garnison der 501st Legion bei einem Auftritt in Ávila im Juni 2015.

(Foto: dpa)

Die dunkle Seite mal ganz lieb: Star-Wars-Fanatiker der 501st Legion sind in wohltätiger Mission unterwegs - und zum Start des neuen Films im Dauereinsatz.

Von Marie Tuil und Jürgen Schmieder, Los Angeles

Der kleine Junge im Torrance Memorial Hospital im Süden von Los Angeles bekommt riesige Augen, als er die beiden Stormtrooper entdeckt, die den Gang herunterlaufen. Sie machen den Weg frei für einen der bedeutsamsten Bösewichter der Filmgeschichte. Darth Vader marschiert herein, er röchelt, er sieht sich um - dann entdeckt er den Jungen und läuft auf ihn zu.

Das Kind hat keine Angst, es weiß: Die Figuren sehen zwar genauso aus wie in den Star-Wars-Filmen, tatsächlich handelt es sich aber um Mitglieder der 501st Legion. "Vader's Fist" - Vaders Faust, wie sie sich scherzhaft nennen. Gute Menschen, die sich als böse Buben verkleiden: als Kopfgeldjäger, Klonkrieger und Kashyyyk Trooper. Sie haben angesichts des neuen Films der Saga, der an diesem Freitag in die Kinos kommt, ordentlich zu tun.

"Das mit der Wohltätigkeit hat damit angefangen, dass wir eine Ausrede zum Verkleiden gesucht haben", erzählt Albin Johnson, der die Legion 1997 in South Carolina gegründet hat. Für ihn diente das Hobby zunächst der Ablenkung: Bei einem Autounfall hatte er ein Bein verloren, litt an Depressionen. Erst die Idee eines Arbeitskollegen, sich eine Stormtrooper-Uniform zuzulegen, baute ihn wieder auf. Unter der unbequemen Plastikuniform, so die Argumentation des Freundes, laufe ohnehin jeder komisch.

Johnson suchte nach Gleichgesinnten, zunächst mit Flugblättern, später mit Hilfe des Internets. Die einzige Bedingung für die Mitgliedschaft: ein Kostüm. Das klingt einfacher, als es ist. Ein Karnevalskostüm aus dem Internet genügt den Anforderungen des exklusiven Clubs nämlich nicht. Für jede Figur der dunklen Seite gibt es offizielle Vorschriften zu Form, Farbe und Funktion der einzelnen Details. Wer zur Elite des imperialen Militärs gehören will, friemelt sich sein Kostüm deshalb meist in mühevoller Kleinarbeit selbst zusammen.

Aufwändigstes Kostüm: Darth Vader

Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Viel Geld bisweilen. "Am Ende werden in mein neues Kostüm etwa 4000 Euro geflossen sein", rechnet Markus Rau vor. Sein offizieller Titel ist "Commanding Officer" der German Garrison, er ist also so etwas wie der Klubchef des in Deutschland aktiven Ablegers. Stormtrooper sehen in jedem Film ein bisschen anders aus, deshalb braucht es für den neuen Film auch ein neues Kostüm. Rau gibt sich mit seinen bislang vier Kostümen bescheiden: "Ich kenne Mitglieder, die haben eine zweistellige Anzahl an Kostümen. Da hängt der Wert eines Mittelklassewagens im Schrank."

Gründer Johnson sieht die Investitionen gelassen: "Ob mehrere tausend Euro für ein Kostüm zu viel sind, ist eine berechtigte Frage. Es gibt auch weniger teure Möglichkeiten. Aber die meisten Fans investieren eben gerne in ihren Lieblingscharakter." Das aufwändigste Kostüm, da sind sich die Mitglieder einig, ist das von Darth Vader. Als recht einfach zu produzieren gelten die Uniformen der Offiziere auf dem Todesstern.

Es dauert bis zu 45 Minuten, bis aus einem normalen Menschen ein voll ausgerüsteter Sternenkrieger wird. Und auch was danach kommt, ist nicht gerade angenehm: "Sitzen geht in den Kostümen nicht. Treppen steigen eigentlich auch nicht. Und durch das Sichtfenster sieht man in etwa so viel wie ein Pferd mit Scheuklappen", sagt Rau. Im Sommer fließe der Schweiß unter dem Plastikhelm in Strömen.

Spendensammelnde Sturmtruppen

Mittlerweile gibt es mehr als 8000 imperiale Kostümfanatiker auf allen Kontinenten. Auch in China - obwohl dort die erste Trilogie erst im Mai 2015, also mit fast vierzig Jahren Verspätung, in die Kinos kam. "Ich habe Kostüme schon auf die Philippinen, nach Vietnam und nach Russland verschickt", sagt RT Mod von der chinesischen Garnison, der die weißen Plastikpanzer für Stormtrooper in seiner Werkstatt selbst herstellt. Seinen echten Namen will er nicht preisgeben, die Bausätze für die Uniformen werden im Internet in konspirativer Manier gehandelt.

Auch wenn Star-Wars-Erfinder George Lucas den Klub anerkannt hat und fördert, gibt es keine offizielle Verbindung zur Produktionsfirma Lucasfilm und deren Besitzer Disney. Hersteller arbeiten ohne Lizenz und deshalb in einer rechtlichen Grauzone.

"Wir existieren nur, weil der Rechteinhaber uns existieren lässt. Und wir wollen auch nicht, dass unser schönes Hobby kommerzialisiert wird", sagt Rau. Für ihre Auftritte verlangen die Mitglieder der Garnison kein Geld, das dürfen sie ohne Lizenz auch nicht. Wer einen Auftritt bucht, wird lediglich zu einer Spende für einen guten Zweck angeregt. Besuche in Kinderkrankenhäusern gelten als die Lieblings-Auftritte der imperialen Bösewichter: "Wir helfen den Kindern, ihre Situation mal für ein paar Stunden komplett zu vergessen", sagt Rau.

Genau das versuchen auch Jane und Cass Chin in Los Angeles, das Ehepaar hat die kalifornische Garnison im Jahr 1998 gegründet. "Ich habe diesen Typen geheiratet, also war ich mit von der Partie - dabei war ich noch nicht einmal Star-Wars-Fan", sagt Jane über das Stormtrooper-Kostüm ihres Ehemannes: "Aber ich dachte mir: Wenn ihm ein Stück Plastik so viel Freude bereitet, dann soll er das haben. Auch wenn dieses Stück Plastik ziemlich viel Geld gekostet hat." Ihr sei jedoch langweilig geworden, also habe sie sich entschlossen, selbst mitzumachen - mit einer Körpergröße von 1,56 Metern sei sie ideal als Jawa gewesen: "Es hätte schlimmer kommen können, ich hätte auch als Ewok enden können."

Die Anforderungen wachsen

Cass Chin stand bei der Premiere des Films "Attack of the Clones" auf dem Roten Teppich vor dem Chinese Theater in Hollywood. "Das war ziemlich cool", sagt er: "Wir haben danach sogar die After-Party bewacht." Die beiden traten früher regelmäßig in Krankenhäusern auf und organisierten eine Veranstaltung für die Krebshilfe in Kalifornien. "Irgendwann wurde es zu groß für uns", sagt Jane Chin: "Es gab immer mehr Auftritte und Anforderungen, die Kommerzialisierung ist mittlerweile verrückt." Deshalb seien sie zwar noch immer Mitglieder, hätten die Leitung des südkalifornischen Klubs jedoch abgegeben.

Der neue Film bringt für die Mitglieder auf allen Kontinenten einen neuen Schub an Auftritten und Spendenaktionen. "Ich telefoniere inzwischen fast täglich mit Disney", sagt Rau, der in diesem Jahr mit seiner Truppe etwa 300 wohltätige Auftritte absolvieren wird. Sich verkleiden, Spaß haben, bestenfalls Geld für einen guten Zweck sammeln und dabei in die strahlenden Augen von Kindern in Krankenhäusern blicken. Es gibt wahrlich schlimmere Hobbys. Möge die Macht mit den Mitgliedern von "Vader's Fist" sein.

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