Süddeutsche Zeitung

Stand-up-Paddling:Nilkreuzfahrt mal anders

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Zwei deutsche Abenteurer sind den Nil mit dem SUP-Board hinuntergepaddelt - 1000 Kilometer durch verdrecktes Wasser, begleitet von Polizeibooten. Da kann man mal fragen: Warum?

Von Titus Arnu

Kein Motor, keine Segel, kein großer Aufwand: Für Timm Kruse, 51, und Torsten Schulze, 49, ist Stand-up-Paddeln die ideale Art zu reisen. Nach der Donau und dem Rhein sind die beiden nun den Nil auf aufblasbaren Boards hinuntergepaddelt, mehr als 1000 Kilometer vom Assuan-Staudamm bis zur Mündung ins Mittelmeer. Dabei wurden sie von einem Kamerateam begleitet; die Dokumentation "Barfuß über den Nil" wird an diesem Dienstag um 20.15 Uhr beim SWR ausgestrahlt und ist in der ARD-Mediathek verfügbar.

SZ: Hallo Herr Kruse, wie lang und wie schwer ist denn Ihr Paddleboard?

Timm Kruse: 14 Fuß, also etwa 4,30 Meter lang, und knappe zehn Kilo schwer. Das ist ein aufblasbares Board, leicht und zusammenfaltbar, ideal für so eine Reise.

Und wie lang und wie schwer ist ein Nilkrokodil?

Ungefähr genauso lang und bis zu 1000 Kilo schwer, soviel ich weiß. Aber es gibt im ägyptischen Teil des Nils unterhalb von Assuan keine Krokodile mehr, auch keine Nilpferde. Alle gefährlichen großen Tiere sind dort ausgerottet, im Gegensatz zu gefährlichen kleinen Tieren. Wie etwa den Pärchenegeln, das sind kleine Würmer, die durch die Haut in den Körper des Menschen kriechen und die scheußliche Erkrankung Bilharziose auslösen können.

Was waren die Hauptgefahren bei der Nil-Tour?

Die Wasserqualität des Nils ist katastrophal. Es gibt in Ägypten kein Müllsystem und keine Abwasserreinigung. Entlang des Nils leben 100 Millionen Menschen, deren Dreck ungefiltert im Fluss landet. 25 Prozent des Mülls, der im Mittelmeer landet, kommt aus dem Nil.

Das hört sich nicht direkt nach spaßigem Wassersport an. Wären Sie nicht besser auf einem Baggersee in Deutschland geblieben?

Trotz der teilweise widrigen Bedingungen ist der Nil eine unfassbar schöne, 1000 Kilometer lange Oase. Entlang des Flusses sieht man Tempel, Felsengräber, Pyramiden - und außerhalb der Städte war es manchmal richtig ruhig und idyllisch. Wenn man von den Polizeibooten absieht, die uns die ganze Zeit begleitet haben ...

Das klingt eher so mittelidyllisch. Wieso Polizeiboote?

Ägypten ist ein Militärregime, ein Polizeistaat. Es ist erstaunlich, dass wir überhaupt die Genehmigung bekommen haben, den ganzen Nil zu paddeln. Das war nur mit permanenter Bewachung gestattet. Streckenweise hatten wir drei Polizeiboote um uns herum, dazu noch das Boot der Filmcrew. An Land war zusätzlich ein Panzerspähwagen unterwegs. Die große Freiheit stellt man sich anders vor.

Wie haben Menschen am Ufer reagiert, wenn sie zwei Ausländer auf dem Paddleboard mit Polizeieskorte gesichtet haben?

Viele haben zum ersten Mal Stand-up-Paddler gesehen und Fragen gestellt. Wenn wir mal die Möglichkeit hatten, mit Leuten zu reden, waren sie immer sehr neugierig und unfassbar freundlich. Wir wurden zum Tee eingeladen und bekamen Essen geschenkt. Oft wurden wir gefragt: Könnt ihr uns bitte mitnehmen nach Deutschland?

Wie weit kommt man mit einem SUP-Board pro Tag?

Mit Rückenwind kann man 80 bis 100 Kilometer schaffen. Bei Gegenwind nur zehn bis 20 Kilometer. Wir hatten die meiste Zeit Gegenwind, und der Nil hat von Assuan bis zum Mittelmeer ein Gefälle von nur 17 Metern, also kaum eine Strömung, dementsprechend langsam kamen wir voran. Im Nildelta mussten wir zwei Tage mit dem Zug überbrücken, weil uns der Wind zu stark entgegenpfiff.

Eine Frage noch: Warum tut man sich so etwas an? Weil es noch niemand gemacht hat?

Rekorde sind mir egal. Obwohl ich schon einige aufgestellt habe, interessiert es mich nicht, ob ich im Guinness-Buch stehe. Mich interessiert die große Herausforderung, und ich will die Welt auf eine neue Weise sehen. Der Nil ist der Fluss der Flüsse, die Lebensader einer uralten Kultur. Und das lässt sich mit dem Paddleboard besonders gut erleben.

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