Staatsbesuch:Queen of Berlin

Königin Elizabeth - Staatsbesuch Deutschland 1965

Elf Tage lang war Königin Elisabeth im Mai 1965 auf Deutschlandreise, begleitet von ihrem Mann, Prinz Philip - damals fuhr sie in einer offenen Limousine.

(Foto: Konrad Giehr/dpa)
  • Die britische Queen kommt zu einem Staatsbesuch nach Deutschland.
  • Das erste Mal kam Elisabeth II. im Jahr 1965 nach Berlin und besuchte damit als erstes britisches Staatsoberhaupt nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundesrepublik.
  • Für die Queen stehen unter anderem eine Spree-Fahrt mit Bundespräsident Joachim Gauck sowie Besuche der Frankfurter Paulskirche und der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen an.

Von Verena Mayer, Berlin

Dass in Berlin der Besuch einer alten Dame erwartet wird, ist in der Stadt noch nicht zu spüren. Zwar ist rund um das Brandenburger Tor immer wieder alles abgeriegelt, aber das liegt nicht an der 89-jährigen Queen, die hier nächste Woche gemeinsam mit ihrem Ehemann stehen wird. Sondern an den vielen Demos, Events und Festen. Das Brandenburger Tor ist inzwischen zu einer Art Dauer-Fanmeile geworden.

Dabei hätten die Berliner einigen Grund, gespannt zu sein. Denn auch wenn die britische Königin schon öfter in der Hauptstadt war - dieser Staatsbesuch ist doch speziell. Elisabeth II. stand ja schon einmal am Brandenburger Tor. Im Frühsommer 1965 war das, da fuhr sie bis knapp vor die Mauer, mit knallgelbem Hut auf dem Kopf und einer politischen Geste im Gepäck. Elisabeth guckte hinüber auf die andere Seite, ihr Mann Prinz Philip winkte sogar Richtung Ost-Berlin. Dass sie genau jetzt, 50 Jahre und einen deutsch-deutschen Umbruch später, wiederkommt, hat also etwas durchaus Symbolisches. Für die Queen ist es gewissermaßen das goldene Deutschland-Jubiläum.

Schräg gegenüber vom Brandenburger Tor geht es zur britischen Botschaft. In dem sandfarbenen Gebäude mit dem gläsernen Zacken herrscht schon etwas mehr Anspannung. "Wir haben gut zu tun", sagt eine Sprecherin. Bis vor kurzem haben sie zudem in der Residenz des Botschafters alle Gänseblümchen ausgerissen, damit es ja einen englischen Rasen gibt, wenn die Queen nächste Woche zur Gartenparty kommt. Die wird britisch diskret ablaufen, also ohne Berliner Lokalprominenz.

Immerhin werden auch jene vier Leute aus Berlin und Brandenburg dabei sein, die über Facebook einen Platz auf der Gästeliste bekommen haben. Bewerben konnte sich darum jeder. Vorausgesetzt, man hat etwas für das deutsch-britische Verhältnis getan, was in Berlin aber eigentlich nicht besonders schwer ist. Allein die Partymeilen der Hauptstadt sind ja dank Easyjet fest in britischer Hand.

Der Fotograf Martin Lengemann ist einer von den 1200 Leuten, die zur Wahl standen. Lengemann hat die Geschichte seines Urgroßvaters nachgezeichnet, der im Ersten Weltkrieg Soldat war. Er ist dafür die damalige Westfront entlanggereist, an der sich Deutsche und Briten gegenüberstanden, und hat die Wunden der gemeinsamen Geschichte dokumentiert. "Die Narbe" heißt das Projekt. Dass Lengemann davon vielleicht in Berlin der britischen Königin erzählen wird, hat er eines Morgens am Telefon erfahren, er war gerade im Urlaub in Schottland.

Erst "Your Majesty", dann "Ma'am"

Inzwischen ist er vorbereitet. Lengemann weiß, dass er die Queen mit "Your Majesty" ansprechen muss. Allerdings nur beim ersten Mal, danach mit "Ma'am", was sich auf "Gramm" reimt, wie es in der Einladung heißt. Selfies mit der Königin, die zu ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland sein wird, sind übrigens tabu, und beim Outfit sind Kleid, Anzug oder Uniform Pflicht, Hüte und Handschuhe hingegen nicht. Farblich kann man mit Lila nichts falsch machen, jedenfalls ist das der Farbton, der herauskommt, wenn man die Farben der Nationalflagge zusammenrührt, wie der Architekt der britischen Botschaft mal sagte.

Die Berliner werden von alledem nicht besonders viel mitbekommen. Außer von den Absperrungen und den wohl 1000 Polizisten. Es besteht Sicherheitsstufe 2, was bedeutet, dass es einen Anschlag geben kann, aber keine Hinweise darauf vorliegen. Das war im Jahr 1965 noch anders. Bei ihrem Deutschland-Besuch fuhr die Queen damals, aufrecht in einer offenen Limousine stehend, durch die Straßen, die von Menschenmassen gesäumt waren. Und das ganze elf Tage lang.

Die Queen legte damals 3000 Kilometer zurück, besuchte acht Bundesländer, 18 Städte. Sie traf 15 Bürgermeister und schrieb sich in noch mehr Goldene Bücher ein, für die Rundfahrt hatte sie sechs Tonnen Tafelsilber aus London dabei. Heutzutage nimmt Elisabeth vor allem ihr Lieblingsmineralwasser und Earl-Grey-Tee mit auf Reisen.

Versehentlich "Heil!" schreien

Ein hochsymbolischer Besuch sei das 1965 gewesen, sagt die Historikerin Simone Derix, die über Staatsbesuche in der BRD geforscht hat. Der erste eines britischen Staatsoberhaupts nach dem Zweiten Weltkrieg, das Zeichen dafür, dass man Deutschland wieder als normales Land ansah. Dementsprechend groß sei der Jubel gewesen, sagt Derix. Wobei sich die Organisatoren erst Sorgen machten. Man habe Angst gehabt, dass die Deutschen in ihrer Begeisterung versehentlich "Heil!" schreien. Der Besuch der Queen sei dann auch der Anlass gewesen, "eine demokratische Form der Begeisterung" zu finden, so Derix. Am Ende riefen die Leute "E-li-sa-beth, E-li-sa-beth!".

2015 wird nur jubeln können, wer sich in Berlin entlang der Spree aufstellt. Dort wird die Queen mit Bundespräsident Joachim Gauck auf einem Boot Richtung Kanzleramt schippern. Und bei Regen? "Dann nehmen wir Schirme", heißt es aus dem Bundespräsidialamt. Aber das dürfte die Queen ja aus London gewohnt sein. Zudem achte man wie bei jedem Staatsbesuch darauf, "dass die Wege nicht zu lang sind". Die Bunte will zudem herausgefunden haben, dass die 89-Jährige keine Sonderwünsche äußerte. Auf das Angebot, Fahrstuhl statt Treppe zu benützen, sei sie nicht mal eingegangen.

Ansonsten fällt auf, wie politisch das Programm ist. An den vier Tagen in Deutschland wird die Queen einen Abstecher nach Frankfurt machen, zur Paulskirche, wo sich 1848 die erste frei gewählte deutsche Volksvertretung versammelte. Und sie wird sich in Niedersachsen die Gedenkstätte Bergen-Belsen zeigen lassen. In dem Konzentrationslager starb auch Anne Frank. Die Briten haben das Lager befreit, erst unlängst tauchten wieder Filmaufnahmen auf, die britische Soldaten damals machten, sie wurden zu einer Grundlage, um den Holocaust zu dokumentieren. Die Queen habe sich gewünscht, eine Gedenkstätte in Deutschland zu besuchen, heißt es an der britischen Botschaft.

Natürlich wird Elisabeth am Brandenburger Tor sein. Im Hotel Adlon gegenüber wohnt sie, in einer 180 Quadratmeter großen Suite. Und sie wird mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf dem Pariser Platz stehen und wie jeder Staatsgast in Berlin diesen geschichtsträchtigen Ort gezeigt bekommen, auf dem die Sicht nun nach beiden Seiten hin frei ist.

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