Spionageprogramme:Der Feind in meinem PC

Auf Viren und Spam ist der PC-Benutzer inzwischen eingestellt - doch die wenigsten bemerken es, wenn sich Spyware auf ihrem Computer installiert und ihre Surf-Gewohnheiten auskundschaftet. Das macht sie besonders gefährlich. In Amerika sollen Gesetze die Flut von Schnüffel-Programmen im Internet eindämmen.

Von Michael Lang

Aus leidvoller Erfahrung wissen viele Computer-Nutzer, wie es ist, wenn ein Rechnerwurm den PC in Geiselhaft nimmt oder Werbemüll das Postfach überflutet.

Go!zilla

Auch der Downloadmanager Go!zilla gehört zu verbreiteten Programmen, die den Benutzer ausspionieren.

(Foto: Screenshot)

Die Aktivitäten von Spionageprogrammen hingegen erleben nur die wenigsten bewusst. Diese Programme kundschaften Surf-Gewohnheiten aus, geben Daten preis, nisten sich im PC ein und können dort Einstellungen verändern.

Das macht sie gefährlich, weshalb in den USA neuerdings Gesetze gegen diese Art Software erlassen werden.

Im April trat der "Spyware Control Act" im Bundesstaat Utah in Kraft. Vor wenigen Tagen zog der Senat von Kalifornien mit einem Entwurf nach, der die Installation der so genannten Spyware regelt. Verbieten indes, mussten die Gesetzgeber feststellen, lässt sich die Verbreitung von Spionage-Software nicht so einfach.

Der Hintergrund ist: Viele Spy-Programme kommen völlig legal auf den PC, meist gekoppelt an Anwendungsprogramme. So darf der Nutzer etwa eine Software kostenlos verwenden, wenn er im Gegenzug dazu eingeblendete Werbung auf seinem Rechner erlaubt.

Problematisch jedoch sind jene sich unbemerkt einschleichenden Programme wie der so genannte Browser-Hijacker Coolwebsearch (CWS). Dieser verwandelt den "Internet Explorer" ungefragt in eine Pornozentrale.

Bei jedem Programmaufruf steuert er eine andere Sex-Seite an, und pausenlos müllen kleine Werbefenster mit eindeutigen Angeboten den Bildschirm zu. Das Online-Magazin Wired berichtet von CWS-Versionen, die sogar Schutzeinrichtungen abschalten.

Wachgerüttelt wurde die amerikanische Öffentlichkeit durch eine Untersuchung der Universität Washington, die auf fünf Prozent ihrer Computer so genannte Spyware ausgemacht hatte (SZ, 11.3.04).

Andere Schätzungen sprechen von erheblich höheren Infektionsraten mit Spy-Programmen, die nach einer Klassifikation der US-Datenschützer vom Center for Democracy and Technology (CDT) in zwei besonders schädlichen Formen vorkommen: der "Snoopware", die Daten ihres Opfers ausschnüffelt - etwa durch Programme, die Tasteneingaben aufzeichnen. Und in Form der "Adware", die die Online-Gewohnheiten verfolgt, um Zielgruppen gerechte Popup-Werbung einzublenden.

Teile der Internet-Wirtschaft betrachten manche solcher Programme als legitimes Marketing-Instrument. Das macht es der Politik schwer, allgemein akzeptierte Gesetze gegen Spyware auf den Weg zu bringen.

Den "Spyware Control Act" in Utah bezeichnete die Lobby-Gruppe "Internet Alliance" als Ächtung einer guten Werbeform. Auch Branchengrößen wie Microsoft, AOL, Yahoo oder Google stimmten in die Kritik ein. Datenschützer vom CDT hingegen rügten das Gesetz als unausgereift und zu wenig am Verbraucher orientiert.

10.000 Dollar Strafe

Denn das Gesetz von Utah ist in erster Linie dazu da, landeseigene Unternehmen zu schützen. Auslöser für seine Vorbereitung war ein Rechtsstreit zweier Firmen: Sobald man die Webseite einer Firma aus Utah aufgesucht hatte, pflasterte die Spyware eines auswärtigen Konkurrenten das Browserfenster mit Anzeigen voll.

Jetzt drohen Spyware-Anbietern in solchen Fällen bis zu 10.000 Dollar Strafe. Auch müssen sie offen legen, was ihre Programme im Einzelnen tun.

Nicht genug, findet das CDT, weil neben Firmen potenziell jeder Internet-Nutzer betroffen ist. Daher plädiert Ari Schwartz vom CDT, die Spyware juristisch als Programm zu definieren, das ohne Wissen oder Erlaubnis eines Users installiert wird, Dinge ohne seine Zustimmung tut und ihm die De-Installation erschwert.

Diese Definition gehöre, so Schwartz, in ein künftiges Bundesgesetz, wie Industrie und Datenschützer es Mitte April bei der US-Handelskammer in Washington vorbereiten sollten.

Dort konnten sich beide Seiten nicht auf eine Definition einigen. Datenschützer fürchten daher, dass ein weich formuliertes Spyware-Gesetz sich als stumpfe Waffe erweisen wird - wie bereits der Can-Spam-Act im Kampf gegen Werbemüll.

Dass Handlungsbedarf besteht, räumt auch die Industrie ein. "Spyware verursacht die Hälfte aller Systemabstürze", beklagt Jeffrey Friedberg, oberster Datenschützer bei Microsoft.

Das Unternehmen aus Redmond klärt auf seinen Internetseiten über Spyware auf und gibt Tipps zur Gefahrenabwehr. Das für den Sommer angekündigte Service Pack 2, eine Art Reparaturprogramm für das Betriebssystem Windows XP, soll künftig zahlreiche Schwachstellen beseitigen.

Die Gegenseite rüstet auf

Doch auch die Gegenseite rüstet auf. So lassen sich viele Geheimaktivitäten von Spy-Programmen heute schon nicht mehr nachvollziehen.

Andreas Marx, Virenexperte der Universität Magdeburg, berichtet etwa von einem 0900-Wählprogramm, das sich nach getaner "Arbeit" selbst de-installiert. Und Browser-Hijacker wie "CWS" verankern sich so fest im System, dass die Nutzer verzweifeln.

"Nach einer vermeintlichen De-Installation verbleibt noch ein kleines Zusatzprogramm auf dem PC, das bei nächster Gelegenheit die Spyware erneut auf den Rechner lädt", erklärt Microsoft-Experte Friedberg.

Das Mini-Programm sei kaum aufzuspüren, weil es sich unter einem unauffälligen Namen tief im System versteckt hält.Für Datenschützer wie Ari Schwartz ist es deshalb wichtig, dass auch ein De-Installations-Passus im angestrebten Gesetz steht.

Europa hingegen hat bereits eine Regelung für Spyware, die von den Einzelstaaten noch in ein nationales Gesetz gegossen werden muss. Nach Angaben eines Sprechers des Bundes-Wirtschaftsministeriums ordnen Bund und Länder den Datenschutz zurzeit neu und führen die Vorschriften für Tele- und Mediendienste in einem Regelwerk zusammen.

"Unter dem neuen Gesetz werden wir die EU-Richtlinie 2002/58/EC dann möglichst nahe am Wortlaut umsetzen", heißt es.

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