Spiel des Jahres:"Ein Spiel darf nicht langweilen"

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Mosaike legen und dem Gegenspieler die letzte Fliese wegschnappen: So funktioniert das Brettspiel „Azul“. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Bernhard Löhlein spielt 400 bis 500 Brettspiele jährlich. Er ist Mitglied der Spiel-des-Jahres-Jury und erklärt, warum "Azul" diese Auszeichnung verdient. Und warum Brettspiele eine Renaissance erleben.

Von Daniel Wüllner

Das Spiel des Jahres 2018 heißt "Azul". Bernhard Löhlein, 52, Redakteur bei der Diözese Eichstätt, spielt leidenschaftlich gern und ist Mitglied der Spiel-des-Jahres-Jury. Er erklärt, warum "Azul" diese Auszeichnung verdient.

SZ: Warum hat "Azul" gewonnen?

Bernhard Löhlein: Bei "Azul" geht es darum, Fliesen in bestimmten Mustern zu legen. Ein Spieler legt nach dem anderen, dabei ist nicht Schnelligkeit wichtig, sondern strategische Planung, wie beim Schach eigentlich. Ist man erst mal angefixt, ist es ganz einfach. Erst nach mehreren Partien eröffnet sich die Tiefe dieses Spiels: Es gilt, im richtigen Moment dem Mitspieler die letzte Fliese wegzuschnappen.

Wie wichtig ist das Thema des Spiels für die Jury?

Jeder Spieleautor hat bei der Preisverleihung zugegeben, dass er erst eine ganz andere Idee hatte. Das erste Konzept von Gewinner Michael Kiesling war ein Holzlegespiel. Gemeinsam verpacken Verlag und Autor das System des Spiels in ein passendes Thema, wie hier das Legespiel. Die Summe aus alledem bewertet die Jury.

Was muss ein Spiel des Jahres können?

Es soll möglichst viele Menschen zum Spielen motivieren. Dafür müssen die Regeln leicht verständlich sein, die Komplexität und die Spieldauer dürfen niemanden überfordern. Das heißt nicht, dass man es am Weihnachtsabend einfach nur auspacken und sofort losspielen können soll. Wer das Spiel des Jahres erfunden hat, sorgt auch dafür, dass das Spielen als Kulturtechnik fortbesteht. Aber glücklicherweise gab es in der Branche in den vergangenen Jahren einen richtigen Boom.

Was ist Ihnen als Juror besonders wichtig an einem Spiel?

Ein Spiel darf nicht langweilen. Das ist natürlich immer eine subjektive Einschätzung. Trotzdem merkt man während der Partie, was Mitspieler nicht verstehen und was sie mögen. Auch in den anschließenden Unterhaltungen und im ständigen Austausch mit anderen Mitgliedern der Jury wird schnell deutlich, welche Spiele überzeugen.

Ein Smartphone auf dem Tisch wäre dann ein Zeichen für ein langweiliges Spiel?

Nicht unbedingt. Vielleicht schreibt jemand seinem Partner gerade eine Nachricht: "Hey, wir brauchen unbedingt dieses Spiel."

Schützen uns Brettspiele denn überhaupt vor der fortschreitenden Digitalisierung des Alltags?

Viele Menschen suchen den Rückzug ins Private. Auch Brettspiele sind eine Form der Entschleunigung. Doch ich glaube nicht, dass deshalb alle plötzlich Brettspiele spielen. Diese Renaissance kommt eher daher, dass es mittlerweile so viele qualitativ hochwertige Spiele gibt. Ich glaube, dass diese analoge Form der Unterhaltung Bestand haben wird.

Der Boom der Branche zeigt sich in tausend neuen Brettspielen pro Jahr. Wie viele davon haben Sie schon gespielt?

In einem Jahr 400 bis 500. Natürlich gibt es darunter auch Karten- und Würfelspiele, mit denen man ganz schnell fertig ist. Trotzdem muss man sorgfältig auswählen, als Jury haben wir große Verantwortung.

Klingt nach Qual der Wahl. Hilft Ihnen auch die Familie bei der Auswahl?

Meine Frau spielt nicht so viel, hat aber ein gutes Auge für Dinge, auf die ich als Profi nicht mehr so achte. Meine Kinder fanden es immer toll, mitspielen zu dürfen. Heute ist das anders: Sie haben jetzt mehr Lust, ihre Hausaufgaben zu machen. Manchmal spielen sie trotzdem noch mit mir.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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