Spenden für die Türkei und Syrien:Was jetzt den Erdbebenopfern am meisten hilft

Erdbeben in der Türkei: Helfer in Aalen sortieren Hilfsgüter für die Partnerstadt Antakya/Hatay

Freiwillige Helfer im baden-württembergischen Aalen sortieren Hilfsgüter für die türkische Partnerstadt Antakya in der Provinz Hatay.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Zerstörte Häuser, das gesamte Hab und Gut verloren. Die WHO schätzt, dass mehr als 20 Millionen Menschen vom Erdbeben in der Türkei und Syrien betroffen sind. Die Spendenbereitschaft in Deutschland ist groß. Aber wie kann man sicher sein, dass das Geld auch wirklich ankommt?

Von Katja Guttmann

Drei Tage nach den verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet schwindet die Hoffnung, noch weitere Überlebende zu finden. Die Zahl der Todesopfer steigt weiter an. Mittlerweile gehen die Behörden von mehr als 20 000 Toten aus, davon allein in der Türkei mehr als 17 000. Mehr als 63 000 Menschen wurden dort verletzt und fast 6500 Häuser zerstört. Der türkische Botschafter Ahmet Başar Şen hatte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin" um weitere Hilfe aus Deutschland gebeten: "Wir brauchen Geldspenden und wir brauchen Sachspenden."

Viele wollen helfen. So lässt sich sicherstellen, dass die Spenden auch dort ankommen, wo sie benötigt werden:

Was hilft jetzt mehr: Geld- oder Sachspenden?

Auch wenn die private Sammlung von warmer Kleidung, Decken und Schlafsäcken gut gemeint ist: Nicht abgestimmte Hilfslieferungen belasten oder blockieren gar Logistikstrukturen der Helfer im Katastrophengebiet. Geldspenden können von den Hilfsorganisationen vor Ort grundsätzlich flexibler eingesetzt werden als Sachspenden, empfiehlt das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). Viele Produkte sind billiger, wenn sie an Ort und Stelle eingekauft werden - die finanzielle Unterstützung stärkt gleichzeitig die Wirtschaft der betroffenen Region. Außerdem entfällt der Transport der Güter in die Katastrophengebiete, wo oft Straßen, Brücken oder Bahnschienen zerstört sind. Eine Ausnahme: Wenn seriöse Organisationen wie etwa die Kleiderkammer explizit nach Sachspenden fragen.

Was gilt es beim Spenden zu beachten?

Die erste und wichtigste Regel lautet, nicht übereilt aus einem emotionalen Impuls heraus zu spenden. Gerade in sozialen Netzwerken werden mit besonders bewegenden Fotos Menschen aufgefordert, Geld zu überweisen. Dahinter können auch Initiativen stecken, die die Spendenbereitschaft im Katastrophenfall ausnutzen wollen. Damit das Geld auch wirklich ankommt, sollte man versuchen, die Organisation ein bisschen zu überprüfen.

Wie findet man heraus, ob eine Organisation seriös ist?

Eine gute Anlaufstelle sind immer Hilfsorganisationen aus der lokalen Umgebung. Man kennt die Verantwortlichen, kann mit ihnen darüber sprechen, wie sie die Spenden verwenden, und bekommt so einen transparenten Einblick in deren Arbeit. Zuverlässig sind auch Hilfswerke, die das DZI-Spendensiegel tragen. Die Stiftung hat strenge Kriterien zur Bewertung und warnt auch vor nicht förderungswürdigen Initiativen.

Welche Kriterien zeichnen eine vertrauenswürdige Organisation aus?

Bei gemeinnützigen Organisationen, die älter als drei Jahre sind, kann man sich sicher sein, dass das Finanzamt diese Organisation regelmäßig überprüft. Ein Blick auf die Internetseite der Organisation zeigt, ob diese über ihre Arbeit informiert, wer die Ansprechpartner sind, um Fragen zu beantworten, und ob die Werbung sachlich und informativ ist. Je mehr Transparenz eine Organisation bietet, beispielsweise indem sie auch Finanz- oder Tätigkeitsberichte öffentlich macht, desto vertrauenswürdiger ist sie auch.

Wann sollte man misstrauisch werden?

Wenn in der Ansprache Mitleid oder Druck mit provokanten, grausamen Bildern erzeugt wird, sollte man vorsichtig sein, da seriöse Organisationen so nicht arbeiten. Misstrauisch werden sollte man auch, wenn Hilfsorganisationen versprechen, dass hundert Prozent der Spenden bei den Bedürftigen ankommen: Denn ein gewisser Verwaltungsaufwand entsteht eigentlich immer. Organisationen, die seriös sind, weisen das auch transparent nach.

Wie sinnvoll sind zweckgebundene Spenden?

Eine aktuelle Krisensituation ist oft die Motivation für eine zweckgebundene Spende. Wer dann aber auf der Überweisung einträgt: "Stichwort: Erdbeben in der Türkei und Syrien", schränkt damit auch den Spielraum von Hilfsorganisationen ein - meistens engagieren sich diese in mehreren Katastrophengebieten gleichzeitig. Außerdem erzeugen zweckgebundene Spenden einen zusätzlichen Verwaltungs- und Werbeaufwand. Eine "offene" finanzielle Unterstützung ist oft zielführender. Wer sich dann noch darauf konzentriert, statt viele nur ein oder zwei Organisationen finanziell zu unterstützen, reduziert außerdem den Verwaltungsaufwand der Hilfswerke.

Hier eine Auswahl an Organisationen, die vom DZI als seriös eingestuft werden, die komplette Liste findet man auf der Internetseite des DZI:

Ärzte ohne Grenzen e. V. - Médecins Sans Frontières (MSF), Deutsche Sektion, www.aerzte-ohne-grenzen.de, Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE72 3702 0500 0009 7097 00

Aktion Deutschland Hilft e. V., www.aktion-deutschland-hilft.de, Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE62 3702 0500 0000 1020 30, Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien

Deutsches Rotes Kreuz e. V, www.drk.de, Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE63 3702 0500 0005 0233 07, Stichwort: Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien

UNO-Flüchtlingshilfe e. V., www.uno-fluechtlingshilfe.de, Sparkasse Köln-Bonn, Iban: DE78 3705 0198 0020 0088 50, Stichwort: Erdbeben

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