Spanische Infantin Cristina vor Gericht:"Ich habe voll und ganz meinem Mann vertraut"

PRINCESS TO BE QUESTIONED BY SPANISH COURT IN CORRUPTION CASE

Infantin Cristina von Spanien bei ihrer Ankunft am Gericht von Palma de Mallorca.

(Foto: dpa)

Zum ersten Mal in der Geschichte Spaniens steht ein Königskind vor Gericht: Der Infantin Cristina wird Steuerbetrug und Geldwäsche vorgeworfen. Untersuchungsrichter José Castro verhörte die Königstochter etwa fünf Stunden lang. Doch statt Antworten erhielt er fast nur Ausflüchte.

Von Thomas Urban , Madrid

Der Himmel war verhangen über Palma de Mallorca, als Cristina de Borbón aus einem grauen, unscheinbaren Ford-Kombi vor dem Gerichtsgebäude ausstieg. Der Platz davor war weiträumig abgesperrt. Ein paar hundert Demonstranten riefen "Gerechtigkeit für alle", die rot-gelb-violetten Fahnen der Republikaner, die sie schwenkten, waren der einzige Farbtupfer an diesem grauen Samstagvormittag.

Dutzende Fotografen und Kameraleute drängelten sich um die besten Plätze. Denn es ist eine Sensation: Zum ersten Mal in der Geschichte Spaniens steht ein Königskind vor Gericht, es ist eine schwere Last für das Haus Borbón und den ohnehin bereits gesundheitlich stark angeschlagenen König Juan Carlos.

Als sie nach insgesamt fünf Stunden Befragung unter Ausschluss des Publikums das Gerichtsgebäude wieder verließ, erklärte einer der anwesenden Anwälte: "Auf 95 Prozent der Fragen hat sie ausweichend geantwortet."

Die 48-jährige Christina, die zweite Tochter des Königs, ist nach Meinung des Untersuchungsrichters José Castro in die Finanzskandale ihres Mannes Iñaki Urdangarin verwickelt, eines hochgewachsenen früheren Handballprofis. Sie haben sich am Rande der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta, bei denen er mit der Nationalmannschaft die Bronzemedaille gewann, kennengelernt und heirateten ein Jahr später. Er bekam mit der Eheschließung den Titel eines Herzogs von Palma. Sie haben drei Söhne und eine Tochter zwischen acht und 14 Jahren. Die Familie ist im vergangenen Jahr in die Schweiz gezogen.

Infantin Cristina war einst sehr beliebt

Ursprünglich war die Infantin, wie eine Königstochter in Spanien heißt, sehr beliebt bei ihren Landsleuten. Sie studierte eher unauffällig an der Madrider Complutense-Universität Politologie, Extravaganzen von ihr sind nicht überliefert. Später versuchte sie, ein normales Familienleben zu führen. Doch liefen die Geschäfte ihres Mannes aus dem Ruder.

Mit einem Anwalt gründete er die gemeinnützige Stiftung Nóos, die sich auf die Organisiation von Kongressen spezialisierte. Bezahlt wurden die meisten Veranstaltungen von den konservativen Regionalregierungen der Balearen und der Provinz Valencia, die wegen ihrer verschwenderischen Haushaltspolitik vor zwei Jahren ihre Pleite eingestehen musste. Die Veranstaltungen von Nóos, die oft Sportevents zum Gegenstand hatten, waren nach Meinung von Experten nichts anderes als Vorwände, öffentliche Gelder in private Taschen zu lenken, konkrete Ergebnisse hätten sie nicht erbracht. Dafür fanden Freunde und Verwandte von Freunden dort Posten, die Untersuchungsrichter gehen aber von fiktiven Arbeitsverhältnissen aus.

Doch nicht wegen des fragwürdigen Nóos-Konzepts steht Urdangarin gemeinsam mit seinem Sozius seit zwei Jahren vor Gericht, sondern banal wegen Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung, Unterschlagung und Sozialversicherungsbetrugs. Auch gab es Konten in der Schweiz, über die Gelder verschoben worden sein sollen. Insgesamt rund sechs Millionen Euro an öffentlichen Geldern hat er der Staatsanwaltschaft zufolge in seine Privatschatulle gelenkt; seit zwei Jahren darf er nicht mehr mit der Königsfamilie öffentlich auftreten. Seiner Frau Cristina hält Untersuchungsrichter Castro vor, diese Finanztricksereien gedeckt zu haben. Als Vorstandsmitglied von Nóos hat sie viele Dokumente mitunterzeichnet, auch hat sie gemeinsam mit ihm eine Firma namens Aizoon gegründet, die Castro zufolge die Geldabflüsse verschleiern sollte. Ihr wird also auch der Vorwurf der Geldwäsche gemacht.

Schwerer Imageschaden für die Monarchie

Aus der Steuerbehörde gelangten viele Details an die Öffentlichkeit. Beispielsweise, dass sie mit der Kreditkarte der Firma eine Reise ihres Sohnes und Kinderkleidung sowie Tanzlektionen bezahlte, die Summen aber nicht an die Firma zurückerstattete. 359 Kontobewegungen auf der Kreditkarte wurden genau überprüft, ebenso wie jede einzelne der Positionen ihrer Steuererklärungen. Ihr wird auch vorgeworfen, Hausangestellte schwarz bezahlt zu haben. Sie erklärte nun zu all diesen Fragen: "Ich habe voll und ganz meinem Mann vertraut."

Die Verfahren gegen Cristina und ihren Mann sowie die Berichte über die amourösen Abenteuer des alternden Königs, die in den vergangenen beiden Jahren ans Licht gekommen sind, haben das Ansehen der Casa Real, des Königshauses, schwer geschädigt. Wie sehr, dies belegt ein lokaler Skandal aus der ehrwürdigen Universitätsstadt Salamanca: Dort wollte eine Kunstgalerie Gemälde zeigen, die die Korruption anprangern. Zwei davon waren im Stil alter Herrscherporträts dem Premierminister Mariano Rajoy, der sich mit einer Schwarzgeldaffäre der in Madrid regierenden Volkspartei (PP) herumschlagen muss, und eben der Infantin Cristina gewidmet. Doch statt einer Krone malte der Künstler ihnen ein Häufchen Fäkalien auf den Kopf. Die Bilder wurden nach Protesten der örtlichen PP entfernt, finden aber in den Internetforen ein lebhaftes Echo.

Spanische Royalisten wittern eine Verschwörung

Verschwörungstheoretiker unter den spanischen Royalisten sehen hinter den Prozessen den katalanischen Separatismus. Auf den Balearen protestierten im vergangenen Herbst wiederholt Zehntausende gegen das neue Schulgesetz, das die katalanische Sprache einschränkt. Auch hat der Rat der Balearenhauptstadt beschlossen, eine der Flaniermeilen umzubenennen: Die Schilder mit der Aufschrift "Rambla dels Ducs de Palma" (Allee der Herzöge von Palma) wurden durch neue ersetzt, auf denen schlicht "La Rambla" steht.

Die Pressestelle des Hofes versuchte nun eine Gegenoffensive: Die Königsfamilie tue viel für die Wirtschaft und sei gar nicht teuer. So wurde nun bekanntgegeben, dass Königin Sofía ein Jahresgehalt von 63 000 Euro plus 69 000 Euro Aufwandsentschädigung für öffentliche Repräsentation beziehe, Prinzessin Letizia, die Frau des Thronfolgers Felipe, bekomme 49 000 plus 53 000 Euro. Doch nach Meinung der Antimonarchisten ist dies eine Mogelrechnung: Die aufgeführten Summen beinhalteten nicht die Kosten für Personal, Gebäude, Reisen und Feste. Diese seien in den Haushalten diverser Ministerien versteckt.

Cristina steht nicht auf der Gehaltsliste, nach Meinung vieler Kommentatoren wegen des Prozesses.

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