Süddeutsche Zeitung

Spanisches Königshaus:Staatsanwalt fordert 17 Jahre Haft für Urdangarin

Spaniens Antimonarchisten jubeln: Dem Ehemann von Infantin Cristina droht eine lange Gefängnisstrafe, die Königstochter soll wegen Beihilfe in der Finanzaffäre 600 000 Euro Strafe zahlen - doch sie bestreitet, von den Machenschaften ihres Mannes gewusst zu haben.

Von Thomas Urban, Madrid

Iñaki Urdangarin, dem Mann der spanischen Königstochter Cristina, drohen wegen einer Finanzaffäre 17 Jahre Gefängnis. Dieses Strafmaß wird nach Angaben der Madrider Tageszeitung El País die Staatsanwaltschaft von Palma de Mallorca beantragen. Der auf Korruptionsverfahren spezialisierte Staatsanwalt Pedro Horrach sieht es demnach als erwiesen an, dass Urdangarin als Präsident der gemeinnützigen Stiftung Nóos rund sechs Millionen Euro öffentlicher Gelder veruntreut hat. Gemeinsam mit seinem Sozius, dem Rechtsanwalt Diego Torres, ist er auch der Unterschlagung, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung und Geldwäsche angeklagt. Torres soll nach dem Willen Horrachs 15 Jahre hinter Gitter kommen. Die Infantin will der Strafverfolger wegen Beihilfe bei mehreren Finanzmanipulationen mit 600 000 Euro Strafe zur Kasse bitten.

Das erste spanische Königskind vor Gericht

Die Nachrichten aus Palma de Mallorca sind ein weiterer schwerer Schlag für das spanische Königshaus, nachdem Cristina am Samstag von einem Ermittlungsrichter zu den Vorgängen um die Stiftung sowie ihrem privaten Umgang mit Geld befragt worden war. Dutzende Kamerateams hatten sie gefilmt, als sie vor dem Gerichtsgebäude vorgefahren war, manche Kommentatoren schrieben von Spießrutenlauf. Sie ist das erste spanische Königskind, das vor Gericht steht. Aus dem Gerichtssaal sickerte durch, dass sie sich gänzlich unwissend über die Finanztransaktionen ihres Mannes gegeben hatte. Sie habe als Mitglied des Stiftungsvorstandes die vorbereiteten Vorlagen ohne weitere Prüfung unterschrieben. Nach der Verhandlung hatte sie den spanischen Fernsehnachrichten zufolge ihrem Vater, König Juan Carlos, Bericht erstattet. Dieser ist nach mehreren Operationen gesundheitlich schwer angeschlagen und zeigte sich zuletzt mit Krücken in der Öffentlichkeit.

Zahl der Monarchie-Gegner wächst

Bejubelt haben die Nachricht von dem geforderten Strafmaß mehrere Dutzend Demonstranten sowohl in Madrid als auch in Palma de Mallorca, die unter den rot-gelb-violetten Flaggen der Republik die Abschaffung der Monarchie forderten. Nach den jüngsten Umfragen sind zwei Drittel der Spanier mit der Amtsführung von Juan Carlos unzufrieden. Dieser musste in den vergangenen beiden Jahren hinnehmen, dass die Presse unerbittlich über seine früheren amourösen Abenteuer schrieb; vor einem halben Jahrzehnt wäre dies undenkbar gewesen. Gerade in der jungen Generation wächst die Zahl der Gegner der Monarchie, vor allem in den gebildeten Schichten nimmt sie zu. Die Casa Real, das Hofamt, hat bislang noch kein Mittel gefunden, diesen Trend aufzuhalten. Aus einer Madrider Akademie für Public Relations wurde kürzlich berichtet, dass zu den vorgeschlagenen Examensthemen das Entwerfen eines Imagekonzepts für die Königsfamilie gehörte. Doch habe keiner der Prüfungskandidaten sich für dieses Thema entschieden, da es derzeit als nahezu unlösbar gilt.

Nicht nur Urdangarin und Torres droht ein längerer Aufenthalt in einem der als nicht besonders gemütlich geltenden spanischen Gefängnisse, sondern auch Torres' Schwager Miguel Tejeiro, der mehrere Tarnfirmen gegründet haben soll, um Geldabflüsse zu verschleiern. Auch den früheren konservativen Regionalpräsidenten der Balearen, Jaume Matas, soll es treffen, Horrach beantragt fünf Jahre für ihn. Matas war schon 2012 in einem anderen Verfahren wegen Korruption zu sechs Jahren verurteilt worden, doch verkürzte der Oberste Gerichtshof im vergangenen Juli das Strafmaß auf neun Monate.

Böse Ironie der Geschichte

Urdangarin darf schon seit zwei Jahren nicht mehr bei offiziellen Terminen des Königshauses auftreten. Der 1,97 Meter große ehemalige Handballprofi hatte die Königstochter am Rande der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta kennengelernt, bei denen er mit der Nationalmannschaft die Bronzemedaille gewann. Im folgenden Jahr heirateten sie, er bekam den Titel eines Herzogs von Palma. So gilt es als böse Ironie der Geschichte, dass er ausgerechnet von den Strafverfolgern in Palma wiederholt gedemütigt wurde.

Über Unregelmäßigkeiten bei der Stiftung Nóos berichtete die spanische Presse erstmals 2006. Die Stiftung hatte sich auf die Organisation von Kongressen spezialisiert, vor allem aus dem Bereich des Sports. Der überwiegende Teil des Geldes kam aus öffentlichen Kassen, von Kommunen und Regionen, an erster Stelle die Balearen. Die Casa Real hat offenkundig große Anstrengungen unternommen, das Verfahren zu torpedieren. Für drei Jahre wurde Urdangarin als Repräsentant des Konzerns Telefónica nach Washington geschickt. Sein Versuch, vor Ende des Prozesses als Handballtrainer in Katar anzuheuern, scheiterte im vergangenen Sommer. Die Familie zog daraufhin in die Schweiz. Bald könnte es mit Auslandsreisen für ihn für längere Zeit vorbei sein.

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SZ vom 11.02.2014
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