SpanienWildschwein-Alarm in der Region Madrid

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Wildschweine nehmen überhand in Spanien. Diese Familie hält sich allerdings im Cazorla Natural Park in Andalusien auf, sie stört niemanden.
Wildschweine nehmen überhand in Spanien. Diese Familie hält sich allerdings im Cazorla Natural Park in Andalusien auf, sie stört niemanden. (Foto: Pete Oxford/mauritius images)

Mehr als zwei Millionen Exemplare marodieren durch die iberische Wildnis, viele von ihnen kollidieren mit Autos. Jetzt wird zur Jagd geblasen. Sogar das Fallenstellen soll erlaubt werden

Von Patrick Illinger, Madrid

Der Comic-Held Obelix hätte derzeit viel Freude in Spanien. Einfach in den Wald spazieren und sich die Leibspeise unter den Arm klemmen, ein saftiges Wildschwein, das wäre für den Helden der Asterix-Bände auf der Iberischen Halbinsel ein Leichtes. Die Zahl der Wildschweine ist dort auf mehr als zwei Millionen angewachsen, schätzen Experten. Von einer Plage sprechen viele, zumal die Tiere nicht in der Wildnis bleiben.

Eher belustigend sind da noch Ereignisse wie der Ausflug des Wildschweins, das im vergangenen Herbst durch das Madrider Innenstadtviertel Entrevías streifte. Weniger witzig finden Autofahrer, dass es allein in der Region Madrid durchschnittlich alle drei Tage zu einem Verkehrsunfall kommt, weil ein Schwarzkittel vor den Kühler rennt. Belegt ist die Anekdote eines Ehepaars, das bei einer Fahrt aufs Land mit einem Wildschwein zusammenstieß. Der bestellte Abschleppwagen meldete sich irgendwann telefonisch und musste absagen – auch er war mit einem der borstigen Rüsseltiere kollidiert.

So könne es nicht weitergehen, hat nun die Regionalregierung entschieden und diverse Notstandsmaßnahmen zum Kampf gegen die Plage beschlossen. In zehn Landkreisen rund um Madrid ist das Jagen von Wildschweinen fortan ganzjährig erlaubt. Dabei darf den Tieren nicht nur mit Schusswaffen nachgestellt werden: Mancherorts sind die lokalen Behörden befugt, Fallen aufzustellen und Betäubungsgewehre einzusetzen. Sogar mit Pfeil und Bogen dürfen die Tiere laut amtlicher Mitteilung gejagt werden.

An Straßenabschnitten, wo sich Unfälle häufen, sollen technische Geräte zur Abschreckung angebracht werden. Experimentiert wird auch mit abweisenden Geruchsmitteln und Elektrozäunen.

Wo sich die Menschen zurückziehen, machen sich die Schwarzkittel breit

95 Prozent der Iberischen Halbinsel seien von Wildschweinen bevölkert, schätzt das Wildtier-Forschungsinstitut IREC der Universität von Kastilien-La Mancha. Die Region Madrid ist nicht die erste, die Mittel gegen die Plage sucht. Im vergangenen Herbst hatten auch Mittelmeergemeinden wie Málaga und Marbella Wildschwein-Alarm ausgelöst. In Katalonien gibt es eine Initiative, um Wildschwein als Nahrungsmittel schmackhaft zu machen.

Rund 400 000 der Tiere werden jährlich in Spanien erlegt, mehr als zehnmal so viele wie noch in den 1980er-Jahren, besagte kürzlich eine Studie im Fachmagazin People and Nature. Das zeigt, wie stark sich die Tiere mittlerweile ausgebreitet haben. Sie profitieren von den in Spanien seit Jahrzehnten zunehmenden Waldflächen. Und vom Phänomen España vaciada, den riesigen entleerten Landstrichen, aus denen die Menschen in Richtung der Großstädte und Küsten weggezogen sind.

Zwar geht noch jeder fünfzigste Bewohner der Iberischen Halbinsel zur Jagd, viermal mehr als in Deutschland. Doch zeigte die genannte Studie auch, dass sich die Zahl in den vergangenen 50 Jahren fast halbiert hat. Und die meisten, die es noch tun, sind über 50 Jahre alt.

Vergangen sind die Zeiten, in denen gejagt wurde, um sich vom Wild zu ernähren. Wenn Jüngere zur Flinte greifen, sind es meist Sprösslinge der konservativen Oberklasse, in der die Jagd so wie die Barbourjacke und das Stierkampf-Abo zum Lifestyle gehören.

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