Bei massiven Überschwemmungen in der ostspanischen Region Valencia ist die Zahl der Toten auf mehr als 90 gestiegen. Einige Menschen seien noch immer an unzugänglichen Orten eingeschlossen, sagte der Chef der Regionalregierung, Carlos Mazón, auf einer Pressekonferenz. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Opfer weiter ansteigen wird. Nach zahlreichen Vermissten wird intensiv gesucht.
Die starken Regenfälle setzten unzählige Straßen, Gebäude und Felder unter Wasser. Straßen und kleinere Brücken brachen weg, Bäume, Autos und auch riesige Lastwagen wurden von den Wassermassen wie Spielzeug mitgerissen. Neben Regen gab es Hagel und starke Windböen, wie der Wetterdienst Aemet mitteilte. „Die Hagelkörner waren so groß wie Golfbälle“, sagte eine Augenzeugin der Zeitung El País. „Es schien wie der Weltuntergang.“ Betroffen waren insbesondere die ans Mittelmeer grenzende Regionen Andalusien, Murcia und Valencia, die auch bei Urlaubern beliebt sind.

Unwetter in Spanien:In der Nacht kam die Panik
Straßen, Häuser und Felder an Spaniens Mittelmeerküste stehen unter Wasser. Ganze Orte drohen unterzugehen, Dutzende Menschen sind bislang ums Leben gekommen. Das Unwetter verursacht hat ein gefährliches Wetterphänomen, das sogar mehr Wasser transportieren kann als ein Hurrikan.
Eingeschlossen in Büros, Häusern und Einkaufszentren
Autobahnen und Landstraßen wurden gesperrt. Auch der Flug- und Bahnverkehr wurden erheblich beeinträchtigt. Am Dienstag war ein Hochgeschwindigkeitszug auf dem Weg von Málaga nach Madrid wegen eines Steinsturzes entgleist. Verletzte gab es dabei nicht.
Zahlreiche Menschen waren in Häusern, Büros oder Einkaufszentren eingeschlossen und setzten in sozialen Medien Notrufe ab. Viele riefen auch beim TV-Sender RTVE und anderen Medien an, weil sie Freunde und Verwandte nicht kontaktieren konnten. „Ich suche meinen 40 Jahre alten Sohn Enrique, der gestern mit seinem Van beruflich unterwegs war und von dem ich seitdem nichts mehr höre“, sagte ein Rentner in RTVE den Tränen nahe. Eine RTVE-Reporterin sprach auf einer überschwemmten Straße, in der zerstörte Fahrzeuge teils übereinander gestapelt lagen, von „kriegsähnlichen Szenen“. „Das ist wie die Hölle“, sagte eine Anwohnerin.

Einsatzkräfte ringen darum, zu den Einsatzorten vordringen zu können. Hilfe könne vielerorts wegen überschwemmter oder anderweitig blockierter Straßen nur per Hubschrauber geleistet werden, sagte José Miguel Basset von der Feuerwehr der Provinz Valencia der Nachrichtenagentur Europapress. In Cuenca in der Region Kastilien-La Mancha wurde eine 88-jährige Frau Medienberichten zufolge tot geborgen.
Die Menschen suchten auf Dächern von Autos und Häusern Schutz, die völlig vom Wasser umgeben waren, wie auf unzähligen Videos in Medien zu sehen ist. Bei den Such- und Rettungsarbeiten sind neben Feuerwehrleuten und Angehörigen des Zivilschutzes auch Kräfte der Militärischen Nothilfeeinheit UME im Einsatz.

Heftige Regenfälle, ausgelöst durch eine Kaltfront, hatten am Dienstag in der südöstlichen Region Valencia zu Überschwemmungen von Straßen und Orten geführt. Der spanische Wetterdienst hatte für das Gebiet die höchste Alarmstufe ausgerufen. In einigen Orten wie Turís und Utiel wurden Niederschlagsmengen von bis zu 200 Millimetern gemessen.
Regierung verspricht Hilfe
Ministerpräsident Pedro Sanchez sicherte den betroffenen Menschen Hilfe zu. Es würden alle nötigen Maßnahmen ergriffen. Zugleich rief er die Menschen zur Vorsicht auf: Die Flut sei noch nicht vorbei. Es ist die schwerste Flutkatastrophe in Spanien seit 1996.
Die deutsche Bundesregierung hat Hilfe angeboten. „Wir sind in direktem Kontakt mit der spanischen Regierung, ob es Unterstützungsleistungen aus Deutschland für diese furchtbare Katastrophe bedarf“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Auch die EU will Spanien unterstützen. „Wir haben unser Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um bei der Koordinierung der Rettungsteams zu helfen. Und wir haben bereits angeboten, unseren Katastrophenschutz zu aktivieren“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern, den Familien und ihren Freunden, aber auch bei den Rettungsteams.“
Hunderte Hilferufe aus den überschwemmten Gebieten
Soziale Medien zeigten Rettungseinsätze der Feuerwehr mit Hubschraubern. Ein weiteres Video schien einen Tornado zu zeigen, ein relativ seltenes Phänomen in Spanien. Die Echtheit der Aufnahmen konnte nicht sofort unabhängig verifiziert werden.

Das Regengebiet, über das schon seit Tagen viel berichtet worden war, soll am Mittwoch gen Nordosten weiterziehen. Für große Teile des Landes gilt weiter eine Unwetterwarnung. Erst am Donnerstag werde sich die Lage in ganz Spanien wieder komplett entspannen, teilt der Wetterdienst Aemet mit.