Sexistisches Kinderspielzeug:Her mit der Macho-Barbie!

Barbie Börse in München, 2014

Barbies gibt es vor allem in Rosa. Aber als Wissenschaftlerin zum Beispiel? Eher selten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Spaniens Verbraucherschutzminister sieht in stereotypem Kinderspielzeug die Wurzel aller Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern und will dagegen vorgehen. Doch sein Eifer ist den Spaniern noch nicht ganz geheuer.

Von Karin Janker, Madrid

Spanien hat ein Kabinett, in dem mehr Ministerinnen als Minister sitzen. Die Regierung gewährt Vätern und Müttern nach der Geburt eine gleich lange Elternzeit. Und immer mehr Männer nehmen diese auch voll in Anspruch. Geht man aber in der Adventszeit durch eines der großen Kaufhäuser des Landes, ist von der fortschrittlichen Stimmung noch wenig zu spüren. "Prinzessin" prangt auf dem pink umsäumten Lätzchen, "kleines Genie" auf dem blauen. Die Rollenverteilung ist klar, sogar bei denen, die noch zu klein sind, um selbst den Breilöffel zu halten.

Je größer die Kinder werden, desto größer wird die Spreizung: In 87 Prozent der Werbespots für Puppen tauchen ausschließlich Mädchen auf, während Jungs in der Werbung fast immer Entdecker, Abenteurer und Sieger sind. Das hat eine Erhebung des katalanischen Rundfunkrats ergeben.

Wo das Problem ist? Spaniens Gleichstellungsministerin Irene Montero und der Verbraucherschutzminister Alberto Garzón sehen in stereotypem Spielzeug die Wurzel der Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Um gegen letztere vorzugehen, zieht die spanische Regierung nun gegen sexistische Werbung für Kinderspielzeug zu Felde. Das Spielzeug von heute präge die Gesellschaft von morgen, schreiben Montero und Garzón, beide Mitte 30 und ihrerseits linkspopulistisch bis kommunistisch geprägt, in einem aktuellen Gastbeitrag in der Tageszeitung El País.

Kämpft Garzón gegen Windmühlen?

Wenn Mädchen auf diese Weise in passive Rollen gedrängt würden, während kleine Jungs stets die Macher seien, dürfe man sich nicht wundern, dass gesellschaftlich wenig vorangeht. "In der Werbung gibt es sexistisches Verhalten, das ausgemerzt werden muss, weil es den Machismo fördert", sagt Verbraucherschutzminister Garzón. Zumal das Publikum, an das sich diese Werbung richte, noch keine Schutzmechanismen gegen derartige Einflüsse habe, so Garzón, der selbst Vater von zwei Töchtern ist.

Kämpft da nicht einer gegen Windmühlen? Spaniens 36-jähriger Verbraucherschutzminister hat ein Händchen dafür, mit seinen politischen Vorstößen Häme und Spott auf sich zu ziehen. Noch nicht lange ist es her, da rief er die Spanier dazu auf, zugunsten des Klimas weniger Fleisch zu essen, was ihm Premier Pedro Sánchez mit einer süffisanten Bemerkung über seine Vorliebe für Steak heimzahlte. Garzón will außerdem verbieten, dass für gesüßte sogenannte Kinderlebensmittel weiterhin Werbung gemacht werden darf. Und die Spanier fragen sich: Hat unser Land keine anderen Probleme?

Nun hat Garzón sich die Spielzeugindustrie vorgeknöpft: 80 000 Euro soll ein Video seines Ministeriums gekostet haben, in dem animierte Actionfiguren zum "Streik der Spielzeuge" aufrufen. Sie seien es leid, sagt eine der Figuren, dass sie immer nur mit der einen Hälfte der Kinder spielen sollen. Künftig seien alle Spielsachen für alle da.

Screenshot aus dem Video: #HuelgaDeJuguetes | Porque jugar no tiene género, (c) YouTube/Ministerio de Consumo, bitte im Text auf Video verlinken!

80 000 Euro hat der Werbefilm gekostet.

(Foto: YouTube/Ministerio de Consumo)

Allein, der gutgemeinte Aufruf, er ist verpufft. Die Demonstration, zu der Spaniens Regierung Familien für diesen Sonntag in den Madrider Retiro-Park geladen hatte, ähnelte eher einem etwas freudlosen Kindergeburtstag, inklusive bestelltem Clown. "Spielen hat kein Geschlecht", sollten die Kinder dem lila gekleideten Mann auf der Bühne nachsprechen. Lustig wurde es erst, als der die Ukulele auspackte. Ein "historisches Innehalten, das die Welt zum Nachdenken einlädt", wie es im Streikaufruf hieß, war das nicht.

Zumal den Machern des Animationsfilms ein wesentliches Detail entgangen ist: Im Video treten zwar eine weibliche und eine männliche Superheldenpuppe auf, nicht aber Spielzeug, das laut dem Gastbeitrag der Minister als typisches "Mädchenspielzeug" gilt. Wo also bleiben die revolutionären rosa Pferde, die brüllenden Barbiepuppen? Bis zu einem "Weihnachten frei von Stereotypen", wie es sich der Minister wünscht, ist der Weg weiter als gedacht.

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