Früherer spanischer König Juan Carlos:Notfalls nach Straßburg

King Juan Carlos

Vor neun Monaten dankte er ab: Spaniens früherer König Juan Carlos.

(Foto: AP)

Neue Beweise, eine weitere DNA-Analyse: Zwei angebliche uneheliche Kinder des früheren spanischen Königs wollen vor Gericht die Anerkennung der Vaterschaft durchsetzen - und drohen mit drastischen Schritten. Dabei kann höchstens einer von beiden überhaupt mit Juan Carlos verwandt sein.

Von Thomas Urban, Madrid

Eigentlich wollte Juan Carlos de Borbón nach seiner Abdankung als spanischer König vor neun Monaten ein geruhsames Monarchenrentnerdasein führen. Doch die Untertanen lassen ihm keine Ruhe, zuvorderst zwei Rechtsanwälte aus der katalanischen Stadt Girona, in ihrem Schlepptau die Boulevardpresse.

Der eine Anwalt vertritt die 47-jährige belgische Pensionsbesitzerin Ingrid Sartiau, der andere den 59-jährigen katalanischen Kellner Albert Solà. Beide Anwälte behaupten, ihre Mandanten seien uneheliche Kinder des Königs, sie wollen die Anerkennung der Vaterschaft gerichtlich durchsetzen. Die Belgierin und der Katalane ließen sich sogar gemeinsam für die Medien ablichten. Ein Labor hatte nämlich nach der Analyse ihrer DNA-Proben verkündet, dass sie Halbgeschwister seien, mit 91-prozentiger Wahrscheinlichkeit hätten sie denselben Vater. Doch jetzt verkomplizierten sich die Dinge. Zwei weitere Tests erbrachten vor Kurzem, dass beide doch nicht miteinander verwandt sind. Die beiden treten seitdem nicht mehr gemeinsam auf, ihre Anwälte kooperieren nicht. Sie sind Konkurrenten geworden im Wettrennen um den Zugang zur spanischen Justiz.

Ex-Könige genießen in Spanien den Luxus, dass für sie nur das Oberste Gericht zuständig ist. Und das hat die Causa Solà erst gar nicht angenommen, weil die Ansprüche des Katalanen "unbegründet" seien. Im Fall Sartiou beschied es, die vorgelegten Beweise seien "nicht ausreichend". Die schriftlichen Begründungen haben beide Anwälte noch nicht erhalten, doch wollen sie beide vor das Verfassungsgericht ziehen, getrennt. Und falls sie dort nicht durchkommen, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen, was sicherstellt, dass die Boulevardpresse noch häufiger über den Schürzenjäger Juan Carlos schreiben darf. Das einstige Verhalten des früheren Königs im Umgang mit Frauen ist in Spanien ja längst legendär; noch vor drei Jahren hatte seine angebliche Affäre mit einer deutschen Geschäftsfrau, die durch eine Kurzzeitehe den Titel einer Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein erworben hat, für Schlagzeilen gesorgt. Mittlerweile aber ist Juan Carlos 77, hat marode Knochen und ist stark gealtert. Auch deshalb wird in Spanien über die Unabhängigkeit der Gerichte diskutiert: Ist es nicht so, dass die obersten Richter, unter denen Konservative die Mehrheit haben, alle Register ziehen, um die Verfahren zu blockieren?

Juan Carlos kann bestenfalls Vater von einem der beiden Antragsteller sein

Im Fall Sartiau kolportierte die Regenbogenpresse zwei Details, die angeblich die Richter zur Abweisung ihres Antrags bewogen hätten: In der eidesstattlichen Erklärung war von einem 31-jährigen Liebhaber mit blauen Augen die Rede. Doch war Juan Carlos zum angegeben Zeitpunkt erst 29. Außerdem sind seine Augen grün. Hinzu kommt, dass die Belgierin mit zwei Versionen über die angebliche Romanze ihrer Mutter mit Juan Carlos zitiert wird: Nach der ersten hat diese ihn kennengelernt, als sie bei einer adligen Familie auf einem Schloss in Belgien als Kindermädchen arbeitete, über zehn Jahre hätten sie sich immer wieder getroffen. Nach der anderen Version handelte es sich um einen Urlaubsflirt in einem Hotel an der Costa del Sol, sie habe erst nach der Abreise ihres Drei-Nächte-Liebhabers an der Hotelrezeption erfahren, dass dieser der junge König incognito gewesen sei. Aus Angst, das Kind könne ihr weggenommen werden, habe sie den Namen des Vaters verheimlicht.

Ingrid Sartiau sagt, es gehe ihr nicht um Anteile am Erbe. Sie wolle nur von ihrem Vater einmal in die Armee geschlossen und von ihren Halbgeschwistern als Mitglied der Familie anerkannt werden.

Bei Albert Solà ist das anders. Er wurde als Säugling von einer Bauernfamilie adoptiert, seine Mutter sei Tochter eines reichen Bankiers gewesen, sagt er. Sie habe Juan Carlos, damals noch Kronprinz und unverheiratet, kennengelernt, als dieser seinen Wehrdienst ableistete. Die Schwangerschaft sei eine Schande für die Familie gewesen, das Kind daher bald nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden. Solà hat sich auf einen Pullover eine goldene Krone und darunter die Buchstaben "AR" sticken lassen, für seinen Vornamen und das Wort "rey" - König. Da nach der spanischen Verfassung uneheliche Kinder mit ehelichen gleichgestellt sind, hätte er als Ältester im vergangenen Jahr die Thronfolge antreten müssen, und deshalb, glaubt er, werde seine Klage blockiert.

Beide Anwälte bestätigten in der vergangenen Woche, dass sie neue Beweise vorlegen werden. Es ist nur so: Juan Carlos kann bestenfalls Vater von einem der beiden Antragsteller sein. Eine der Mütter hat sich also geirrt - oder gelogen.

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