Süddeutsche Zeitung

Spanien:Der Preis der Frechheit

Das spanische Kronprinzenpaar zu verspotten ist teuer: Das mussten jetzt auch zwei Zeichner erfahren, die für eine Karikatur der beiden je 3000 Strafe zahlen müssen.

Javier Cáceres

Das Recht auf ein letztes Wort zur Verteidigung ließen sich die Angeklagten nicht entgehen. Mit Stolz erhoben sie sich von der Anklagebank, eilten vors Tribunal, drückten das Kreuz durch und sprachen sich davon frei, auch nur ansatzweise ein schlechtes Gewissen zu verspüren. "Ich bereue nicht", sagte der Humorist und Drehbuchautor Manuel Fontdevila, und auch der Zeichner Guillermo Torres erklärte feierlich, es sei ihm auch nach dem Prozess nicht bewusst, ein Delikt begangen zu haben.

Dann rückte der Richter des Nationalen Gerichtshofes erst seine schwarze Robe mit den hübsch bestickten Ärmeln zurecht und dann das Mikrophon vor sich, um den beiden Mitarbeitern der Satirezeitschrift El Jueves mitzuteilen, was es im 21.Jahrhundert kostet, sich über Mitglieder der spanischen Königsfamilie zu amüsieren: Wegen Beleidigung des Thronfolgers Felipe müssen Fontdevila und Torres Geldbußen von jeweils 3000 Euro bezahlen, abzustottern in Tagesraten à zehn Euro. Der Staatsanwalt hatte das Doppelte gefordert. Doch die Höhe der Geldstrafe sei nicht das Problem, sagte Anwalt Jordi Plana. Die beiden Humoristen gelten nun als vorbestraft: "Man hat ihnen die Hände gebunden."

Vier Monate liegt das Delikt zurück, für das die beiden Spaßvögel aus Barcelona nun bestraft wurden. Damals war in aller Munde, dass der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen allen Eltern eines Neugeborenen eine Prämie in Höhe von 2500 Euro versprochen hatte, und El Jueves spießte dies auf dem Titelbild auf. Die Zeitschrift karikierte Thronfolger Felipe und Gattin nackt beim Versuch der Reproduktion der königlichen Spezies. "Ist dir das klar?", fragt Felipe die vor ihm auf dem Bett kniende, frappiert dreinblickenden Prinzessin: "Wenn du jetzt schwanger wirst..., habe ich zum ersten Mal in meinem Leben etwas getan, was wirklicher Arbeit ähnelt!"

Derart derbe Scherze hatte die spanische Satirezeitschrift in den rund 30 Jahren ihrer Existenz schon oft gemacht. Zumeist aber waren sie nur von ihrer rund 70.000 Käufer umfassenden Stammkundschaft wahrgenommen worden. Diesmal aber sorgte das Titelbild für nationale Aufregung, weil die Karikatur in den Klatschprogrammen des Fernsehens durch den Kakao gezogen wurde.

Erst danach wurde die Generalstaatsanwaltschaft tätig, ließ die Terrorismusbekämpfung Terrorismusbekämpfung sein - und ordnete an, alle verfügbaren Jueves-Exemplare zu beschlagnahmen. Den Grund wiederholte der Staatsanwalt am Dienstag unter Zuhilfenahme aller erdenklichen Synonyme: Die "zotige, obszöne, niederträchtige, schändliche, erniedrigende, respektlose, ehrabschneidende und unnötig beleidigende Darstellung des Prinzenpaares" sei geeignet, das Prestige der Krone und damit der gesamten spanischen Nation auf irreparable Weise zu beschädigen.

"Wir stehen hier vor einer Zeichnung!", stöhnte hingegen Plana, der Anwalt der Verteidigung, fast schon verzweifelt auf, als er sein Schlussplädoyer hielt. "Bilder rauben nicht, töten nicht, erpressen nicht." Vor sich hatte Plana zwei kleine Figuren aufgebaut, die illustrieren sollten, wie respektlos die Spanier sind. Es handelte sich um sogenannte Caganers, die man im Deutschen wohl kleine Scheißerchen nennen würde, weil sie mit blankem Hintern auf einem Klosett sitzen.

Ein Püppchen war unschwer als Zapatero, das andere als König zu erkennen. Doch zur Erörterung der Fragen, warum diese Figuren frei erhältlich sind, um dann zur Weihnachtszeit viele Krippen in spanischen Haushalten zu schmücken, und warum die eine natürliche Tätigkeit anstößig sei und die andere nicht, kam es nicht. Weder die Caganers noch andere Materialien wollte das Gericht als Beweismittel zulassen.

Es sei schon bemerkenswert, sagte Plana, dass die Person des Königs und seine Familie von den spanischen Gesetzen in einer Weise "geheiligt werden, wie es nicht einmal der Familie des 1975 verblichenen Diktators Francisco Franco vergönnt gewesen" sei. Man werde in Berufung gehen, sagte Plana, ehe er ging. Und Fontdevila, der Humorist mit dem durchgedrückten Kreuz, sagte, er werde sich nicht beugen. "Wir werden weiter arbeiten wie bisher."

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