Skurrile Werbeaktion vor Gericht:Wetten, nass

Zwischen Regen und Möbeln gibt es eine Verbindung, auf die kommt man nicht so leicht. Während das Angebot eines Möbelhauses bei den Kunden bestens ankommt, vermuten deutsche Gerichte dahinter "unerlaubtes, öffentliches Glücksspiel". Das Mannheimer Verwaltungsgericht muss nun über den "Regenrabatt" entscheiden.

Von Roman Deininger

Als die Richterin um elf Uhr den Saal 1 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg betritt, scheint die Sonne über Mannheim, an Regen ist wirklich gar nicht zu denken. Drinnen dagegen spielt das Thema Regen eine ganz zentrale Rolle. Auch das Thema Möbel wird verhandelt, es gibt da eine Verbindung zwischen Regen und Möbeln, auf die man als Uneingeweihter nicht gleich kommt. Aber der Mann links vorne im Saal, der Rechtsanwalt eines Einrichtungshauses mit Filialen in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen - der kann das alles erklären.

Seine Mandanten hatten da also eine Idee, eine famose Werbeaktion wollten sie zur Aufführung bringen: Die Kunden sollten ihr Geld zurückbekommen, wenn es drei Wochen nach ihrem Einkauf am Stuttgarter Flughafen regnen würde - zwischen zwölf und 13 Uhr, mindestens drei Milliliter pro Quadratmeter, amtlich festgestellt. Ab einem Warenwert von 100 Euro hätten die Kunden dabei sein sollen, sie hätten sich also nicht gleich eine ganze Küche leisten müssen für das bisschen Nervenkitzel.

Doch aus dem kühnen Plan ist vorerst nichts geworden: Das Regierungspräsidium Karlsruhe verbot die Aktion, weil sie darin eine Wette aufs Wetter erkannte. Und damit ein unerlaubtes öffentliches Glücksspiel.

Auch in Bayern bekam das Möbelhaus Probleme, nur in Sachsen hatten die Behörden nichts zu beanstanden. In Baden-Württemberg ist der Rechtsstreit am weitesten fortgeschritten: Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart bekam das Möbelhaus in erster Instanz Recht - die Aktion sei zulässig. In Mannheim geht das Regierungspräsidium nun in Berufung. Die Regierungsvertreter argumentieren, dass die Kunden bei der Sache einen "versteckten Einsatz" für ihre Wette bezahlen würden: Erst durch die Aktion würden sie schließlich dazu verführt, überhaupt in genau diesem Möbelhaus zu kaufen und dabei eventuell mehr Geld auszugeben, als sie ursprünglich vorhatten. Zum Beispiel: Fünf Zimmerpalmen statt nur vier mit nach Hause zu nehmen, um sich mit einer Gesamtrechnung von mehr als 100 Euro fürs Spiel mit dem Regen zu qualifizieren.

"Fernseher für umsonst"

Der Anwalt des Einrichtungshauses hält dagegen, dass Möbel, Palmen und alle andere Waren zu einem "marktgerechten Preis" verkauft werden sollten - es gebe hier also gar keinen "Einsatz" für die Teilnahme am angeblichen Glücksspiel: "Die Möbel bekommen die Kunden ja auf jeden Fall." Das ist der kontroverse Punkt, über den das Gericht letztlich befinden muss: Denn laut Glücksspielstaatsvertrag liegt ein Glücksspiel genau dann vor, wenn ein Entgelt für den Erwerb einer zufälligen Gewinnchance entrichtet werden muss.

Der in Mannheim verhandelte Fall ist nicht der erste seiner Art. Das Möbelhaus weist darauf hin, dass Wettbewerber die gleiche Aktion schon mit Schnee an Weihnachten gemacht hätten. Und keinen Ärger gekriegt. In der Tat hat man auch schon von Restaurants gehört, bei denen man nach dem Essen per Würfel entscheidet, ob man zahlen muss oder nicht - oder, wenn es ganz blöd läuft, das Doppelte der Rechnung. Sehr in Mode waren solche Lockangebote während der Fußball-Weltmeisterschaft 2010. Da verkaufte etwa die Deutsche Bahn eine "Fan-Bahncard", die je länger galt, desto weiter die deutsche Mannschaft in Südafrika kam. Für den Titelgewinn lobte die Bahn einen Extra-Monat aus, aber da waren ja dann im Halbfinale die Spanier vor.

Die Elektronikkette Media-Markt warb damals gewohnt rustikal mit dem Slogan "Fernseher für umsonst!". Auch hier galt: Je besser das Team von Joachim Löw abschnitt, desto mehr Rabatt wollte der Händler gewähren. Umsonst wären die TV-Geräte gewesen, wenn es mit dem WM-Titel geklappt hätte. Solche Aktionen gibt es inzwischen immerhin so häufig, dass die Unternehmen bei speziellen Anbietern das Risiko einer Gewinnausschüttung sogar versichern lassen können. Sie bezahlen dafür üblicherweise einfach einen festen Betrag.

Das Urteil im Mannheimer Verfahren will das Verwaltungsgericht Anfang nächster Woche schriftlich verkünden. Als die Verhandlung am Dienstagmittag endet, hat sich die Sonne verzogen. Es dauert noch eine halbe Stunde, dann regnet es in Mannheim.

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