Skateboarding:Der Junge, der sogar Tony Hawk schlägt

Skateboarding: Ein Skateboarder in einer Halfpipe in Sao Paulo.

Ein Skateboarder in einer Halfpipe in Sao Paulo.

(Foto: AFP)

Weil der elfjährige Gui Khury in der Corona-Isolation viel Zeit zum Skateboarden in der heimischen Halfpipe hat, ist ihm ein Sprung gelungen, den sonst niemand schafft.

Von Max Sprick

Gui Khury ist elf Jahre alt, kommt aus dem südbrasilianischen Curitiba und hat am vergangenen Wochenende etwas geschafft, das noch kein Mensch vor ihm geschafft hat: Er hat sich drei Mal um seine eigene Achse gedreht. Während eines Sprungs. Auf einem Skateboard.

Um die Dimension dieser Leistung zu begreifen, muss erwähnt sein, dass dieser "1080", wie Skater den Sprung nennen, gerne als "der heilige Gral des Skateboardens" vermarktet wird. So wurde auch schon sein Vorgänger bezeichnet, der "900", bei dem man sich zweieinhalb Mal um die eigene Achse dreht. Tony Hawk hatte diesen Sprung einst als erster gestanden, da war er 31 Jahre alt und längst der beste Skateboarder der Welt. Allein den "900" haben nach Hawk weniger als ein Dutzend Skateboarder in eine Halfpipe gezaubert. Und nun kommt der elfjähriger Gui Khury, der zwar schon einige Sponsoren für sein Skateboard-Hobby gewonnen hat, der aber eigentlich noch zur Schule geht und bloß etwas "Spaß hat beim Skateboarden", wie auf seinem Instagram-Account steht, den seine Eltern bespielen.

"Die Isolation während des Coronavirus hat ihm geholfen", erzählte sein Vater Ricardo Khury Filho der Nachrichtenagentur Reuters. "Weil sich sein Leben sonst nur um die Schule dreht und er nicht genügend Zeit hat, um zu trainieren." Schließlich sei der Sohn zu müde, wenn er vom Unterricht nach Hause kommt.

Nun sei Gui wegen der auch in Brasilien geltenden Ausgangsbeschränkungen eben mehr daheim gewesen. "Er isst gesünder und hat mehr Zeit, sich auf sein Training zu fokussieren", sagt der Vater. Während des Lockdowns sei die Familie oft zum Haus der Großmutter gefahren, um ihr Essen zu bringen und den Sohn in Omas Garten abzuliefern. Dort haben sie für ihn einen Skatepark mit Rampe gebaut. "Er hat hier die Möglichkeiten zu trainieren", sagt sein Vater. "Hätte er sie nicht, würde er genauso zu Hause festsitzen und nicht in der Lage sein, seinen Sport zu betreiben - wie alle anderen auch."

Die Kombination aus Langeweile und großem Garten aber ermöglichte nun Gui Khurys historische Leistung, die aber noch nicht mal seine erste war: schon den "900" hatte er als bislang jüngster Skateboarder erfolgreich gestanden. Da war er gerade acht gewesen.

Jetzt dieser Weltrekord, den Khury in der Halfpipe vollbrachte, gefilmt von seinem Vater. Als Tony Hawk damals seinen "900" stand, war anlässlich der X-Games ein Event daraus gemacht worden, Hunderte Zuschauer jubelten ihm zu und feuerten ihn von Tribünen aus an. Videos davon gibt es heute noch auf Youtube, millionenfach geklickt. "Das war der befriedigendste Moment meiner Karriere", sagte Hawk über seine Landung. Fast zehn Jahre lang hatte er "900" immer wieder versucht und war gescheitert. "Und plötzlich wurde ich überall erkannt. Auf Flughäfen, in Restaurants, jeder sprach mich an: 'Hey Tony Hawk, 900, yeah!'", sagte er einmal bei ESPN. Kurz darauf veröffentlichte er die erste Ausgabe seiner Videospiel-Reihe, das mittlerweile zu den erfolgreichsten aller Zeiten gehört.

Auch Tom Schaar, ein damals Zwölfjähriger, wurde vor acht Jahren aufwendig von einem Getränkehersteller gesponsort und begleitet, als er einen "1080" stand - auf einer Mega Rampe, die aber viel mehr Höhe und Geschwindigkeit ermöglicht, als die übliche Halfpipe.

Und Gui Khury? "Ich dachte mir: 'Oh mein Gott, was habe ich gerade getan?'", sagt der Elfjährige im Reuters-Interview. "Und ich dachte mir: 'Ok, ich habe ihn gestanden. Jetzt werde ich feiern'". Zur Feier des Tages habe er sich Maccaroni mit Käse von seinen Eltern gewünscht.

Er wolle nun den "1080" weiter trainieren, um ihn auch in Wettkämpfen zu stehen, wenn diese irgendwann wieder stattfinden. Außerdem träume er davon, noch eine halbe Drehung mehr zu schaffen. "1260. Eine einzige Person hat das bisher geschafft, aber nur auf einer Mega Rampe - also wird es für mich schwieriger werden", sagt Khury. "Aber es könnte machbar sein. Man weiß nie."

Zur SZ-Startseite

Subkultur und Haute Couture
:Skaterboys auf dem Laufsteg

Ob Stadtsparkasse oder Louis Vuitton: Ein Junge mit Skateboard eignet sich immer als Werbemotiv. Warum? Über das unkaputtbare Image einer Subkultur.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: