Skandal um PIP-Silikonkissen:Gericht zweifelt Anspruch auf Schadenersatz wegen minderwertiger Brustimplantate an

Bis zu 30.000 Euro Schmerzensgeld fordert eine Frau, der 2007 minderwertige Brustimplantate des französischen Herstellers PIP eingesetzt worden waren. Zum Auftakt des Prozesses in Karlsruhe spricht der Vorsitzende Richter jedoch von "rechtlichen Problemen" bei der Klage.

Zehntausenden Frauen weltweit wurden minderwertige Silikonkissen des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) eingesetzt. Auch in Deutschland gibt es Betroffene - eine von ihnen verlangt nun Schadenersatz in fünfstelliger Höhe. Doch das Landgericht Karlsruhe hat die Klage der Geschädigten zum Prozessauftakt kritisch bewertet.

Der Vorsitzende Richter der zweiten Zivilkammer sprach in seiner zweistündigen Einführung mehrfach von "rechtlichen Problemen". Das Gericht habe Zweifel, ob die geltend gemachten Ansprüche in Betracht kämen. Die Frau fordert Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 bis 30.000 Euro. Nach Angaben ihrer Anwälte handelt es sich um die erste in Deutschland eingereichte Klage.

Gericht sieht kein Versagen deutscher Behörden

In dem Zivilverfahren in Karlsruhe müssen sich fünf Beklagte verantworten, darunter auch der Chirurg, der der Klägerin die Implantate im Jahr 2007 eingesetzt hatte. Er habe sie unzureichend aufgeklärt und die PIP-Implantate als besonders sicher dargestellt, heißt es in der Klage.

Die Klage richtet sich auch gegen den deutschen Lieferanten des Industriesilikons, der nicht geprüft habe, wofür es verwendet wurde. Beklagt ist zudem der französische Haftpflichtversicherer von PIP sowie eine zum TÜV Rheinland gehörende Gesellschaft, die die PIP-Implantate zertifiziert hatte. Schließlich wird auch die Bundesrepublik Deutschland per Amtshaftung verantwortlich gemacht, weil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Warnhinweisen nicht rechtzeitig nachgegangen sei.

Das Gericht erkennt jedoch keine Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit deutscher Behörden. Die französische Aufsichtsbehörde habe erst 2010 vor den mangelhaften Implantaten gewarnt. Das spreche dagegen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuvor eine Pflicht zum Einschreiten gehabt habe. Der Vorsitzende Richter bemängelte allerdings, dass die Kontrollen des TÜV Rheinland zumindest dem Gericht gegenüber nicht ausführlich genug dokumentiert worden seien. Es seien aber keine konkreten Versäumnisse des TÜV dargelegt.

Die PIP-Kissen stehen im Verdacht, gesundheitsgefährdend zu sein und schneller zu platzen als vergleichbare Produkte der Konkurrenz. Der inzwischen insolvente Hersteller hatte über Jahre hinweg Brustimplantate verkauft, die mit Industriesilikon gefüllt waren, das nicht für den medizinischen Gebrauch zugelassen ist. In Deutschland sind nach Behördenangaben etwa 5000 Frauen betroffen.

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