Skandal um mangelhafte Silikonkissen:Gründer von französischer Brustimplantate-Firma PIP festgenommen

In seinem Landhaus klickten die Handschellen: Französische Polizisten haben Jean-Claude Mas, den Gründer des umstrittenen Brustimplantate-Herstellers PIP, in Gewahrsam genommen. Gegen Mas wird wegen schweren Betrugs und fahrlässiger Tötung ermittelt.

Er gilt als Hauptverantwortlicher im Skandal um mangelhafte Brustimplantate, die weltweit Hunderttausenden Frauen eingesetzt wurden: Jean-Claude Mas, Gründer der Firma Poly Implant Prothèse (PIP). Nun wurde der 72-Jährige in Frankreich festgenommen. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Mas sei am Donnerstag in seinem Landhaus im südfranzösischen Département Var aufgegriffen worden und befinde sich nun in Gewahrsam. Die Staatsanwaltschaft Marseille hatte im Dezember ein Ermittlungsverfahren gegen den Unternehmer eingeleitet. Ihm wird schwerer Betrug und fahrlässige Tötung zur Last gelegt. PIP hatte für seine Brustimplantate ein nicht für die Behandlung von Menschen geeignetes Billig-Silikon-Gel verwendet.

Durch das verwendete Industrie-Silikon, das beispielsweise bei der Herstellung von Matratzen zum Einsatz kommt, reißen die Implantate schnell. Auch besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich die Kissen auflösen. Mindestens acht Frauen, die die Billig-Implantate in sich trugen, sind in Frankreich an Krebs erkrankt. Zwei sind bereits gestorben. Zwar ist ein Zusammenhang der PIP-Kissen mit den Erkrankungen nicht erwiesen, die französische Justiz hat jedoch Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen.

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Mas' Firma war 2010 in Konkurs gegangen, nachdem PIP Vermarktung, Vertrieb und weitere Verwendung der Silikonkissen untersagt worden war. Das französische Unternehmen war bis dato einer der führenden Hersteller von Brustimplantaten. Weltweit wurden die gesundheitsgefährdenden Kissen bis zu 500.000 Frauen eingesetzt.

Der Skandal war erst Ende des vergangenen Jahres publik geworden, nachdem die französische Gesundheitsbehörde und später auch die Regierung betroffene Frauen dazu aufgerufen hatten, sich die Kissen entfernen zu lassen. Mittlerweile haben deutsche Mediziner einen ähnlichen Aufruf gestartet. Wie vielen Frauen hierzulande die PIP-Kissen implantiert wurden, ist nicht bekannt. Bis Ende 2011 wurden jedoch 19 Fälle von gerissenen Implantaten gemeldet.

Eine Frau hat bereits Klage eingereicht: Die 29-Jährige fordert 100.000 Euro unter anderem als Schmerzensgeld für die durch Billig-Implantate erlittenen Schäden. Weil PIP pleite ist, richtet sich ihre Klage unter anderem gegen den TÜV Rheinland, der die mangelhaften Silikonkissen zertifiziert hatte. Der Kontrollverein macht jedoch geltend, von PIP getäuscht worden zu sein.

Mas wurde zuletzt auch mit Steckbrief über die internationale Polizeibehörde Interpol gesucht - jedoch nicht wegen der Vorwürfe im Brustimplantate-Skandal: Costa Rica hatte den gelernten Metzger wegen Trunkenheit am Steuer zur Fahndung ausgerufen.

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