Süddeutsche Zeitung

Skandal im Spanischen Königshaus:Er hatte alles, er wollte mehr

Der Mann der spanischen Königstochter, Iñaki Urdangarin, steht vor Gericht. Ihm wird Steuerhinterziehung im großen Stil vorgeworfen. Infantin Cristina soll von seinen Geschäften gewusst haben - jetzt muss auch sie vor Gericht aussagen. Der Ruf eines ganzen Landes steht auf dem Spiel.

Von Sebastian Schoepp

Sie sah ihn spielen für sein Land 1996 in Atlanta, und der Königstochter gefiel, was sie sah. Sie kam zur Party, auf der das spanische Olympiateam die Bronzemedaille feierte. Da habe man schon sehen können, dass sie ein Auge auf ihn geworfen hatte, berichteten Gäste später der Klatschpresse. Ein gutes Jahr danach gab Cristina Federica Victoria Antonia von Bourbón, Infantin von Spanien, ihre Verlobung mit Iñaki Urdangarin, Handballer, bekannt. Am 4. Oktober 1997 wurde der hagere Baske Schwiegersohn des spanischen Königs und Herzog von Palma. Urdangarin, so schien es, hatte alles. Doch er wollte mehr.

Nach dem Ende seiner Sportlerkarriere stürzte Iñaki Urdangarin sich in dubiose Geschäfte, der Name seiner Frau sollte ihm dabei alle Türen öffnen. 15 Jahre nach der Heirat ist das Paar nun Mittelpunkt eines Gerichtsverfahrens, von dem Spaniens Außenminister am Donnerstag sagte, es sei nicht zuträglich für das Ansehen des Landes.

Iñaki Urdangarin ist Angeklagter in einem Korruptionsprozess, der Spaniens Öffentlichkeit mit täglich neuen Schlagzeilen versorgt. Er wird beschuldigt, Millionen Euro Steuergelder veruntreut zu haben - und das in einer Zeit, in der der krisengeschüttelte Staat nicht mehr weiß, wie er Gesundheitssystem und Renten noch bezahlen soll. Am 27. April muss nun auch die 47-jährige Königstochter als Verdächtige vor einem Gericht in Mallorca aussagen. Ermittlungsrichter José Castro will wissen, was sie von den dunklen Geschäften ihres Mannes gewusst hat.

Das Drama begann damit, dass das Prinzenpaar sich eigentlich nur benahm wie ganz normale Bürger. 2004 taten sie, was während des Immobilienbooms die meisten Spanier taten: Sie nahmen einen Hypothekenkredit auf. Nur die Summe war königlich: fünf Millionen Euro. Ein luxuriöses Anwesen mit 1200 Quadratmeter Grundfläche im besten Stadtteil Barcelonas und dazu 1300 Quadratmeter Garten sollten es sein. Für die Bedienung des Kredits wurden pro Vierteljahr 52 000 Euro fällig. In seiner Steuererklärung gab Urdangarin damals ein Jahreseinkommen von 36 000 Euro an, dazu 76 000 Euro aus Kapitalanlagen. Klar, dass diese Rechnung nicht aufgehen konnte.

Verdacht auf königliche Geldwäsche

Im selben Jahr begannen Urdangarins illustre Deals. In Barcelona lernte er den Geschäftsmann Diego Torres kennen, der 1999 das Institut Nóos gegründet hatte, eine gemeinnützige Stiftung, die Sportgroßereignisse organisieren wollte. Urdangarin wurde Präsident der Stiftung, zusammen mit Torres machte er dafür bei den Landesregierungen Valencias und Mallorcas Millionen öffentlicher Gelder locker. Die beteiligten Regierungschefs müssen sich inzwischen selbst wegen Korruptionsvorwürfen verantworten.

Es war eine Zeit der Großmannssucht, des schnellen Geldes, des Boom-Spaniens, je protziger desto besser. Besonders die verschwenderischen Provinzen an der Mittelmeerküste wollten ein neues Kalifornien werden, und Leute wie Urdangarin und Torres mischten mit. Der Ermittlungsrichter wirft ihnen vor, 6,3 Millionen Euro veruntreut und auf private Konten verschoben zu haben. Ein halbes Dutzend Delikte wird den beiden zur Last gelegt, von Steuerbetrug über Geldwäsche bis Untreue.

Als 2006 in der Presse der Verdacht zu kursieren begann, dass bei Nóos nicht alles mit rechten Dingen zuging, handelte der König. Zwar ist das gestrenge Monarchenpaar Juan Carlos und Sofia stets darauf bedacht, dass ihre Kinder nicht allein von dem - nie genau bezifferten - Familienvermögen leben. Doch die Art von Geschäften, mit denen Urdangarin sich befasste, goutierte Juan Carlos gar nicht. Er schickte ihn mit Frau und vier Kindern nach Washington. Dort arbeitete Urdangarin als Präsident der Öffentlichkeitsabteilung der Amerika-Sektion von Telefónica. Es war die Position eines Frühstücksdirektors, von der der König hoffte, dass sein Schwiegersohn mit ihr weniger Schaden anrichten konnte.

Im November 2011 jedoch ordnete Untersuchungsrichter Castro die Durchsuchung der Räume von Nóos und des Hauses von Torres in Barcelona an. Auch Urdangarin wurde angeklagt. In seiner Neujahrsansprache 2012 sagt Juan Carlos, die Justiz sei gleich für alle - ein Hinweis auf den Schwiegersohn, der nun auch nicht mehr mit aufs Familienfoto durfte. Urdangarin selbst kündigte an, seine Ehre zu verteidigen. Das tut er seitdem. Aber es sieht nicht gut aus.

Vor allem Torres, der sich hängengelassen fühlt, setzt ihm zu. Der ehemalige Geschäftspartner füttert die Justiz mit E-Mails und Dokumenten, die nicht nur Urdangarin belasten, sondern die Mitwisserschaft der Königstochter, ja des Königs selbst, beweisen sollen. In einer E-Mail aus dem Jahr 2003 etwa schrieb Urdangarin an seine Frau: "Ich sende Dir hier eine Mitteilung von Nóos, die ich verschicken möchte (. . .) Lies mal und sag mir, was Du denkst."

Die Königstochter schweigt

Cristina von Bourbon war eine Zeitlang Vorstandsmitglied von Nóos. In den Broschüren der Stiftung figuriert sie als "königliche Hoheit", der Richter vermutet, man habe Cristinas Rang ausgenutzt, um Geschäfte zu machen. Doch was wusste sie wirklich? Die Infantin, die als ehrgeizig, aber etwas naiv gilt, hält zu ihrem Mann. Sie hat sich bisher nicht geäußert.

Zuerst zierte sich die Justiz, sie vorzuladen, doch als die Indizien drückender wurden, handelte der Richter. Sie nicht vorzuladen, hieße "das Gebot zu verletzen, wonach jeder vor der Justiz gleich ist", erklärte Castro - und griff damit die königlichen Worte auf. Der Palast reagierte "mit Verwunderung", wie ein Sprecher sagte, man respektiere jedoch die Entscheidung des Gerichts. Kein weiterer Kommentar, wie immer.

Zwar hat die Staatsanwaltschaft angekündigt, gegen die Vorladung Einspruch zu erheben: Es "existiere kein Hinweis auf Beteiligung an irgendeinem Gesetzesverstoß". Allerdings vermutete die Zeitung El País, der Staatsanwalt, der mit dem Richter eng zusammenarbeitet, wolle nur sichergehen, dass mögliche Einwände im Vorfeld geklärt werden. Es geht schließlich um die Monarchie Spaniens.

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SZ vom 05.04.2013/jst
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