Silvesterbilanz:Trauriger Start ins neue Jahr

Lesezeit: 6 min

Mit Raketen, Krachern und Böllerschüssen haben Millionen Menschen weltweit ausgelassen das neue Jahr begrüßt. Unfälle mit gefährlichen Feuerwerkskörpern forderten allerdings zahlreiche Verletzte und Tote, auch in Deutschland kam ein junger Mann dabei ums Leben. Die Ereignisse der Silvesternacht.

Knallen, zischen, rauchen - das gehört für viele Menschen zur Silvesternacht. Millionen Menschen weltweit haben mit Feuerwerken und Böllern ins Jahr 2012 gefeiert. Doch das Kracher-Schießen hat Opfer gefordert: zahlreiche Feiernde wurden verletzt, für mehrere endete die Silvesternacht tödlich.

Neujahr am Münchner Gärtnerplatz: Von der Silvesternacht sind nur noch Müll und Dreck übrig. (Foto: Stephan Rumpf)

Im baden-württembergischen Göppingen kam ein 27 Jahre alter Mann ums Leben, weil ein Silvesterknaller in seiner Hand explodierte. Er starb noch im Rettungswagen. Der tödliche Böller, den der Mann nach ersten Erkenntnissen mitgebracht hatte, war den Angaben nach nicht im freien Handel zu kaufen. Die Polizei ermittelt noch, ob er ihn möglicherweise selbst gebaut hatte. Bei der Explosion wurden auch ein 20 Jahre alter Feiernder schwer und ein 39-Jähriger leicht verletzt.

In Siegen (Nordrhein-Westfalen) kam es bei einer privaten Silvesterfeier zu einer tödlichen Messerstecherei. Zwei 55 und 56 Jahre alte Männer hätten gemeinsam mit einer 65-Jährigen gefeiert, berichteten Staatsanwaltschaft und Polizei. Noch vor Mitternacht seien die Männer in Streit geraten. Dabei habe der 55-Jährige den älteren Mann mit mehreren Messerstichen verletzt. Das Opfer starb am Neujahrsmorgen im Krankenhaus. Der 55-Jährige wurde festgenommen.

Im unterfränkischen Würzburg ist ein 23-Jähriger ums Leben gekommen. Der Mann war nach einer Silvesterparty aus dem Fenster einer Wohnung im ersten Stock gestürzt und wenig später in einer Klinik gestorben. Ein Anwohner hatte den Mann am Sonntagmorgen auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Haus gefunden. Nach einer Erstversorgung durch einen Notarzt wurde der Mann nach Polizeiangaben in ein Krankenhaus gebracht, dort erlag er jedoch seinen schweren Kopfverletzungen. Warum der aus Oberbayern stammende Mann aus dem Fenster fiel, war zunächst noch unklar. Wie die Polizei mitteilte, gibt es nach ersten Erkenntnissen keine Hinweise auf Fremdverschulden.

Randale in Leipzig

Im Leipziger Stadtteil Connewitz gingen etwa 40 größtenteils Betrunkene mit Flaschen und Steinen auf Polizisten los. Dabei wurden zwei Beamte verletzt. Schon zuvor seien Polizisten gezielt mit Feuerwerkskörpern beschossen worden, hieß es. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen konnten erst beendet werden, als die Polizei den betroffenen Straßenabschnitt räumte und dabei auch Tränengas einsetzte. Elf Personen wurden den Angaben zufolge in Gewahrsam genommen. Es wurden mehrere Strafverfahren wegen Körperverletzung, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Polizisten eingeleitet.

Böllerunglück in Italien

Trotz weitgehender Verbote und eines harten Vorgehens der Behörden gegen illegale Feuerwerke sind in Italien bei Silvesterknallereien zwei Menschen ums Leben gekommen und mehr als hundert weitere verletzt worden. In Casandrino nahe der südlichen Stadt Neapel starb ein 39-jähriger Mann durch einen Querschläger, als Menschen Freudenschüsse in die Luft abfeuerten, wie italienische Medien berichteten. Die Kugel traf demnach den Mund des Mannes. In Palermo auf Sizilien verlor ein 14-jähriger Junge den Berichten zufolge durch Böller die Finger an einer Hand. Er werde zudem möglicherweise ein Auge verlieren.

In Rom starb ein 31-jähriger Mann, als er ein Feuerwerk anzündete. Dieses habe eine Reihe weiterer Knallkörper gezündet, wodurch die Wohnung in Brand geraten sei. Mehrere weitere Menschen wurden den Angaben zufolge bei dem Unfall verletzt, darunter vier Kinder. Erst wenige Tage zuvor hatte die Polizei in dem Gebäude rund 30 Kilogramm illegaler Feuerwerke beschlagnahmt. Der Fund wurde bei einer Durchsuchung gemacht, die Teil eines verstärkten Vorgehens gegen illegale Böller war.

In Italien werden jedes Jahr hunderte Menschen bei den Silvesterknallereien verletzt. Insgesamt beschlagnahmten die Behörden im Land sechs Tonnen Böller und Feuerwerke, hauptsächlich in Neapel. Vor allem im Süden Italiens wird die Tradition der Silvesterknallerei hochgehalten. In diesem Jahr verhängten mehrere Städte des Landes - darunter Turin, Bari, Mailand und Venedig - ein Verkaufsverbot für Feuerwerke.

Philippinen

Auch auf den Philippinen hatte die Regierung drastische Warnungen vor gefährlichen Feuerwerkskörpern ausgegeben, trotzdem sind bei Silvesterfeiern fast 500 Menschen verletzt worden. Mindestens 65 Menschen wurden nach Angaben von Innenminister Jesse Robredo festgenommen, weil sie illegal besonders große Feuerwerkskörper verwendeten. Landesweit waren vor Mitternacht Dutzende Krankenhäuser in Alarmbereitschaft versetzt worden.

Gesundheitsminister Enrique Ona sagte, 454 Menschen seien von Feuerwerken, 18 weitere von Irrläufern aus Waffen verletzt worden. Viele Philippiner wollen zu Silvester mit riesigen Feuerwerkskörpern Unglück vertreiben. Wegen dichten Pulverdampfs infolge der Silvesterkracher mussten auf dem Flughafen von Manila etwa ein Dutzend Flüge abgesagt oder umgeleitet werden.

Trauergottesdienst auf Rügen

Auf Rügen verlief der Silvesterabend aus traurigem Anlass ganz ohne Feuerwerk: Etwa 90 Menschen nahmen an einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des Küstenabbruchs am Kap Arkona teil. Es wurde eine Kerze für das wahrscheinlich tote zehnjährige Mädchen angezündet, wie Pfarrer Christian Ohm sagte. Für die Mutter und die Schwester, die bei dem Unglück am zweiten Weihnachtstag verletzt wurden, sowie für den Familienvater und die Rettungskräfte brannten weitere Kerzen.

Die Suche nach der zehnjährigen Katharina ruht derzeit, weil Hochwasser die Arbeiten behindert. Die Familie aus Nordbrandenburg war bei einem Strandspaziergang von dem plötzlichen Abbruch der Steilküste erfasst worden. Das traditionelle Höhenfeuerwerk, das sonst Tausende Besucher an die Nordspitze Rügens lockt, war wegen des Unglücks abgesagt worden.

Silvesterbilanz
:Eine rauschhafte Nacht und ihr schmutziges Ende

Mit Farbenpracht und lautem Knallen sorgen Raketen und Böller in der Silvesternacht für spektakuläre Momente. Am Neujahrsmorgen will von all dem was übrig bleibt, niemand mehr etwas wissen.

Für die meisten Menschen war die Silvesternacht aber vor allem ein fröhliches Fest und ein Abend voller Rituale: Millionen Deutsche etwa wollten auf eine ganz bestimmte Silvestertradition nicht verzichten, das "Dinner for One". Mehr als acht Millionen Zuschauer zählten die dritten Programme und ARD bei ihren diversen Ausstrahlungen des traditionellen Sketches. Insgesamt wurde das Stück 18 Mal gezeigt - zwölf Mal in der Originalversion mit Freddie Frinton als Butler James und May Warden als Miss Sophie sowie in den Mundartversionen Hessisch und Nordhessisch sowie in einer Ruhrpottversion und einer Schweizer Ausgabe.

Fröhlich und ausgelassen

Am Brandenburger Tor in Berlin, bei Deutschlands größter Silvesterparty, bejubelten Hunderttausende ein spektakuläres Feuerwerk und die Auftritte zahlreicher Künstler wie den Scorpions, Marianne Rosenberg oder Udo Jürgens. Schon Stunden vor Mitternacht hatten Besucher aus aller Welt die Straße des 17. Juni in eine Partymeile verwandelt, die Zugänge mussten wegen Überfüllung abgesperrt werden.

"Die Feier an Brandenburger Tor und Siegessäule lief völlig entspannt und friedlich ab", sagte ein Feuerwehrsprecher am frühen Sonntagmorgen. 300 Einsätze verzeichneten die Retter trotzdem, 70 Menschen mussten in Krankenhäuser gebracht werden. Direkt nach der ausgelassenen Silvesterparty rückte die Berliner Stadtreinigung zum großen Neujahrsputz aus. Seit 3.00 Uhr früh seien rund 620 Mitarbeiter unterwegs gewesen, um die Straßen zu säubern, sagte der Sprecher der Stadtreinigung, Bernd Müller.

Deutlich früher als in Deutschland - um 11.00 MEZ - begrüßten die rund 200.000 Einwohner von Samoa, Tokelau und der Linie-Inseln im Pazifik das Jahr 2012. Dafür hatten Samoa und die zu Neuseeland gehörenden Tokelau-Inseln allerdings erst Zeitgeschichte schreiben müssen: Sie gehörten bislang zu den Letzten, die ein neues Jahr begrüßten. Nun ließen sie aber den 30. Dezember ganz aus und ließen als erste die Sektkorken knallen.

Die Australier genossen das spektakuläre Feuerwerk in Sydney bei sternenklarem Himmel. In Neuseeland hatten die Menschen weniger Glück: Heftiger Wind und starker Regen vermiesten die Stimmung. Bei einem Konzert unter freiem Himmel rutschten in dem Schlamm sogar mehrere Menschen aus und verletzten sich teilweise schwer. Besser erging es den Feiernden in Moskau. Auf dem berühmten Roten Platz begrüßten zahlreiche Menschen das neue Jahr, während die Raketen minutenlang im Himmel explodierten. Auch in Istanbul und Ankara sangen und tanzten die Feiernden in den Straßen.

In Japan feierten die Menschen mit Glockenschlägen nach einem Jahr furchtbarer Natur- und Atomkatastrophen den Beginn des "Jahres des Drachen". Millionen Besucher strömten in der Neujahrsnacht in die Tempel und Schreine des Inselreiches, um die Götter um Segen und bessere Zeiten zu bitten. Um Mitternacht erklangen im ganzen Land kilometerweit hörbar 108 Mal die Glocken der Heiligtümer. Sie sollen die 108 Begierden des Menschen oder die 108 Übel des alten Jahres vertreiben.

Die Stadt Peking begrüßte das neue Jahr mit einem Countdown am Himmelstempel. Die letzten Sekunden des Jahres 2011 wurden zum Abschluss einer Lasershow auf das 600 Jahre alte Wahrzeichen der chinesischen Hauptstadt projiziert. Die Pekinger Bürger waren allerdings nicht eingeladen, weil die kommunistischen Führung Chinas jede Ansammlung von Volksmassen als unkalkulierbares Sicherheitsrisiko fürchtete. Nur wenige VIP-Gäste durften bei Temperaturen knapp unter Null Grad Celsius live dabei sein.

In London gab es wie in jedem Jahr das größte Silvester-Fest an der Themse, unweit des Riesenrads London Eye und des Big-Ben. Das etwa zehn Minuten lange Feuerwerk mit Musik-Begleitung durften aus der Nähe rund 250.000 Zuschauer sehen - wer einen Platz wollte, musste früh da sein. Auch der Trafalgar Square im Herzen der Stadt war beliebtes Ziel zum Anstoßen um Mitternacht. Auf den Pariser Champs-Élysées drängten sich Hunderttausende.

Karnevalsstimmung unterm Zuckerhut: Am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro und in der größten brasilianischen Stadt São Paulo begrüßten Millionen Menschen das neue Jahr. Sechs Stunden nach Deutschland rutschten schließlich die New Yorker ins neue Jahr. Unter dem Jubel von rund einer Million Menschen senkte sich die berühmte Kristallkugel, von Lady Gaga per Knopfdruck in Bewegung gesetzt, um Mitternacht über dem Times Square. Während eine dichte Konfettiwolke auf die Zuschauermenge regnete, stimmten Hunderttausende am Broadway und in den umliegenden Straßenschluchten den Sinatra-Song "New York, New York" an. Den Schluss bildet Hawaii: Um 11.00 Uhr MEZ verabschieden die Menschen dort als Letzte das alte Jahr.

© südddeutsche.de/AFP/dpa/dapd/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: