Die Party in das neue Jahr hinein war für Polizei und Feuerwehr in Deutschland vielerorts mit zahlreichen Einsätzen verbunden. Dabei verzeichneten die Helfer deutlich mehr Einsätze als vor der Corona-Zeit - und mancherorts damit verbunden auch mehr Angriffe auf ihre Mitarbeiter.
Die größte Feier des Landes findet traditionell in Berlin am Brandenburger Tor statt. Diesmal war die Party zur ZDF-Silvestershow deutlich kleiner angelegt. Doch Tausende Menschen, die es nicht auf den abgesperrten Bereich vor dem Tor schafften, hatten ihre eigenen Raketen - und ihre eigene Party - mitgebracht. Dabei sei es immer wieder zu Zwischenfällen und Konflikten auch mit Einsatzkräften gekommen, sagte ein Polizeisprecher.
Neues Jahr:So begrüßt die Welt 2023
Feuerwerk, Konfetti, gute Laune: Vielerorts wurde so bunt und lebendig gefeiert, wie vor Corona. Ein Überblick.
Nach Angaben des offiziellen Reiseportals Visit Berlin waren sehr viele Touristen in der Hauptstadt. Die Hotels meldeten eine 80- bis 90-prozentige Auslastung. Feuerwehr und Polizei hatten auch deshalb in diesem Jahr wieder deutlich mehr zu tun. Die Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte habe im Vergleich zur Zeit vor Pandemie-Beginn deutlich zugenommen, sagte der Polizeisprecher.
Auf Twitter informierte die Polizei im Minutentakt über ihre Einsätze. Die Beamten rückten unter anderem aus wegen Schlägereien, Schüssen aus Schreckschusspistolen sowie Böller- und Raketenwürfen auf Passanten, Gebäude und Beamte. So wurden die Einsatzkräfte laut Polizei "sprichwörtlich unter Beschuss genommen", als sie zu einem Laden fuhren, bei dem Scheiben "weggeböllert" worden sein sollen. Nicht wenige Berliner verzichteten angesichts des Chaos auf manchen Straßen und Bürgersteigen lieber darauf, sich ins Getümmel zu wagen.
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18 Polizeikräfte seien dabei verletzt worden, teilten die Ordnungshüter mit. Ein Beamter habe nach massivem Beschuss mit Pyrotechnik schwere Verbrennungen erlitten und sei zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus gekommen. Zum Teil seien Einsatzkräfte auch mit Eisenstangen, Steinen und Flaschen angegriffen worden. Die Intensität der Angriffe sei "mit den Vorjahren nicht zu vergleichen" gewesen, hieß es weiter. Insgesamt seien 103 Personen festgenommen worden, darunter 98 Männer und fünf Frauen. Es seien zahlreiche Ermittlungsverfahren überwiegend wegen Brandstiftungsdelikten, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Landfriedensbruchs sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet worden.
Die Berliner Feuerwehr gibt in einer vorläufigen Bilanz an, zu mehr als 1700 Einsätzen ausgerückt zu sein, fast 700 mehr als vor einem Jahr während der Corona-Beschränkungen. Von Knallern und Raketen wurden demnach 22 Menschen verletzt. In 38 Fällen seien Einsatzkräfte angegriffen worden, 15 verletzte Helfer habe es gegeben. Einer der verletzten Retter musste ins Krankenhaus. "Dieses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen und ich kann es nur auf das Schärfste verurteilen", sagte Landesbranddirektor Karsten Homrighausen.
Als Reaktion auf die Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrleute fordert die Gewerkschaft der Polizei Berlin ein weitgehendes Böllerverbot. "Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird", kritisierte GdP-Landeschef Stephan Weh am Neujahrsmorgen. Das müsse ein Ende haben. Es brauche Verkaufsverbot für alle, die nicht beruflich und dementsprechend verantwortungsvoll mit Pyrotechnik hantierten. "Viele Baumärkte haben in diesem Jahr bereits klar Stellung bezogen, und auch die Bevölkerung ist dahingehend viel weiter, als man denkt", meinte Weh.
Auch die Politik zeigt sich geschockt durch die Ereignisse. "Die teils massiven Übergriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht verurteile ich auf das Schärfste", sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey dem Tagesspiegel. Feuerwehr und Polizei hätten zwar mit mehr Einsätzen als in den vorherigen beiden Silvesternächten gerechnet, die unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie standen. "Dieses Ausmaß an Gewaltbereitschaft und Zerstörung geht darüber hinaus und erschüttert auch mich zutiefst". Die SPD-Politikerin denkt dem Bericht zufolge nach, die Böllerverbotszonen in der Hauptstadt auszuweiten.
Schwere Verletzungen durch Feuerwerk
Ein 17-Jähriger in Leipzig verletzte sich beim Einsatz von Pyrotechnik so schwer, dass er später im Krankenhaus starb, wie die Polizei mitteilte. Ein Fremdverschulden werde derzeit ausgeschlossen.
In Thüringen zogen sich zwei Männer durch explodierende Feuerwerkskörper schwere Verletzungen zu. Ein 42-Jähriger wurde in Friemar bei Gotha beim Hantieren mit online bestellten Böllern so schwer verletzt, dass ihm beide Unterarme amputiert werden müssen, wie die Polizei sagte. In Schleiz verlor ein 21-Jähriger bei einem Unfall mit einem Sprengkörper seine Hand. Die illegale Kugelbombe sei direkt beim Entzünden explodiert. Trotz der folgenschweren Verletzungen seien die Männer nicht in Lebensgefahr.
Beim Anzünden von Feuerwerkskörpern auf der Straße wurde ein Fußgänger in Sachsen-Anhalt von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Der 42-Jährige wurde durch die Wucht des Aufpralls am frühen Sonntagmorgen mehrere Meter weit über die Fahrbahn geschleudert, wie die Polizei mitteilte. Er starb noch am Unfallort in Schönebeck (Elbe).
In Baden-Württemberg wurde ein Mann am letzten Abend des Jahres durch einen selbstentzündeten Feuerwerkskörper, der seine rechte Gesichtshälfte traf, schwer verletzt. Der 39-Jährige musste laut Polizei nach dem Unfall in Hohberg per Hubschrauber in eine Spezialklinik gebracht werden.
Die Landesleitstelle der Polizei in Nordrhein-Westfalen meldet nach der Silvesternacht in einer ersten vorläufigen Bilanz eine "eher ruhige" Einsatzlage gemessen an den Zahlen. In Düsseldorf rückte die Polizei wegen "diverser Randalierer und auf sich einschlagender Personen" aus. Die Düsseldorfer Altstadt war nach Angaben eines dpa-Reporters "rappelvoll", die Einsatzkräfte hatten aber im ganzen Stadtgebiet zu tun. Berichte über Verletzte gab es am frühen Neujahrsmorgen zunächst nicht.
In Frankfurt am Main begrüßten Hunderte Menschen das neue Jahr am Mainufer. Um 23 Uhr sperrte die Polizei die Fußgängerbrücke "Eiserner Steg", auf der viele Feiernde traditionell das Silvesterfeuerwerk vor der Frankfurter Skyline beobachten. "Es wäre einfach zu gefährlich, noch mehr Menschen auf die Brücke zu lassen", sagte ein Polizeisprecher.
Nach zwei recht stillen Silvesternächten hatten Polizei und Feuerwehr auch in Hamburg einen Jahreswechsel wie vor der Pandemie erwartet. Entlang der beliebten Partymeilen der Stadt wurden Musik und Geböller häufig von Sirenen begleitet. "Es gab viele, viele Einsätze, aber keine größeren", sagte ein Feuerwehrsprecher am frühen Neujahrsmorgen. Es sei vor allem um brennende Balkone und Mülltonnen gegangen.
Ein 46 Jahre alter Mann musste in der Nacht notoperiert werden. Er legte in Ronnenberg (Region Hannover) einen Böller in eine Metallhülse, aus dieser wurden infolge der Wucht der Explosion Teile herausgesprengt und umhergeschleudert. Diese verletzten ihn schwer.
In München trafen sich 20 000 Menschen, um auf dem Marienplatz und in der Fußgängerzone ins neue Jahr zu feiern. Die Polizei spricht nach dem ersten Silvester ohne Corona-Beschränkungen von einer erwartungsgemäß "arbeitsreichen" Nacht mit mehr als 550 Einsätzen. Bis 5 Uhr morgens fuhren Polizistinnen und Polizisten zu silvestertypischen Einsätze, meist zu Ruhestörungen, Körperverletzungsdelikten oder zu außer Kontrolle geratenen Feuerwerkskörpern.
Mit Material der Agentur dpa