Süddeutsche Zeitung

Roberto Blanco wird 80:Der Furchtlose

Erwachsen werden will und kann er nicht, sagt Roberto Blanco, der heute 80. Geburtstag feiert. Seine Hits begleiten Deutschland seit Jahrzehnten. Über eine Frohnatur, die manchmal unerwartet Härte zeigt.

Von Christian Mayer

Wer diesen Beruf gewählt hat, braucht ein unerschütterliches Selbstbewusstsein, zumindest aber die Fähigkeit, der Wirklichkeit tänzelnd zu begegnen, wie ein Boxer vor dem entscheidenden Schlag. Man braucht Schwung, Vitalität, um alle zu überzeugen: Da vorne steht ein richtiger Entertainer, er wird alles geben, ungeschützt und ohne die Furcht, peinlich zu sein. Denn ein Entertainer darf keine Angst haben im Scheinwerferlicht.

Robert Blanco ist zweifellos ein furchtloser Entertainer. Er hat keine Scheu, sein Liedgut seit Jahrzehnten darzubieten, auf Fernseh-Jahrmärkten, bei volkstümlichen Schunkeltreffen, bei Heavy-Metal-Konzerten oder für Online-Werbekampagnen. Er stellt sich jedem Publikum und behauptet von sich, weder erwachsen werden zu können noch zu wollen. Nun ist er 80 Jahre alt. Hat das postsenile deutsche Unterhaltungsfernsehen etwa doch eine vitalisierende Wirkung - auf die Mitwirkenden?

Sobald Blanco ein Mikrofon in der Hand hält, fallen die Jahre von ihm ab wie bei anderen Männern die Haare. Dann ist er wieder der junge Sänger mit dem karibischen Hüftschwung, der bei der ZDF-Tanzparty 1972 neben Max Greger inmitten junger Frauen sein "Amarillo" schmetterte. Sein Repertoire ist seither kaum verändert: "Ein bisschen Spaß muss sein", , "Der Puppenspieler von Mexiko", "Resi bring Bier", das sind Hits aus einer Zeit, als man nur zwei oder drei Kanäle zur Auswahl hatte - und keine Fernbedienung.

Seit 60 Jahren ist der in Tunesien geborene Sohn eines kubanischen Varieté-Künstlers im Geschäft. Nach Wanderjahren in Ägypten, Griechenland, Italien und der Türkei begann er ein Medizinstudium. Dann aber gab ihm der deutsche Regisseur Alfred Weidenmann, der ihn auf einem Flug kennengelernt hatte, eine Nebenrolle im Kriegsfilm "Der Stern von Afrika". Weil er sich bei einem Schlagerwettbewerb gegen 1800 Mitbewerber durchsetzte, konnte er im Ensemble von Josephine Baker auftreten. "Ob schwarz, ob weiß" hieß seine erste Platte, der gebürtige Roberto Zerquero wurde über Nacht zu Roberto Blanco, dem weißen Roberto. Es war eine Zeit, in der das deutsche Fernsehen die Piefigkeit mit integrationswilligen Showgrößen aus dem Ausland abzustreifen versuchte. Auch Costa Cordalis, Vicky Leandros, Rudi Carrell, Pierre Brice wurden damals groß.

Ein echter Gaudibursche war Blanco immer. In seiner bayerischen Wahlheimat verlieh man ihm die CSU-Ehrenmitgliedschaft. Seine Versicherung, dass er in Deutschland wegen seiner Hautfarbe nie Probleme hatte, mag aus seiner Sicht sogar stimmen: Anfeindungen lächelt der in sechs Sprachen versierte Sänger weg, Häme und Spott ignoriert er. Über den verunglückten Satz des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, Roberto Blanco sei doch ein "wunderbarer Neger", reagierte er vor zwei Jahren demonstrativ humorvoll. Gelegentlich zeigt Blanco aber auch eine überraschende Härte - im Scheidungskrieg mit Ex-Frau Mireille oder im Clinch mit Tochter Patricia etwa.

Seit 2013 ist Blanco mit der 40 Jahre jüngeren Luzandra verheiratet, versucht sich in der Rolle als "Mustergatte". Mit dem gleichnamigen Boulevardstück tourte er durch Deutschland, allerdings spielte er darin nicht die Hauptrolle, sondern einen nicht mehr ganz jungen Playboy. Playboy, das trifft es ganz gut: Dieser Junge wird, solange er mit den Hüften wackeln kann, nie aufhören zu spielen.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2017
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