Sexismus im American Football:Live aus der Umkleidekabine

Die American-Football-Saison hat mit einem handfesten Skandal begonnen: Spieler der New York Jets sollen die mexikanische Reporterin Inés Sainz bedrängt haben - die schämte sich laut Twitter-Mitteilung in Grund und Boden.

Katarina Lukac

Dürfen Männer den Anblick einer Frau in knallengen Jeans, hohen Schuhen und einer knappen Bluse als Einladung zu neandertalerhaftem Verhalten verstehen? Über diese Frage diskutiert derzeit die Sportwelt in den USA, und die Mehrheit scheint zu einer Antwort zu tendieren: Nein, das dürfen sie nicht - auch dann nicht, wenn sie hünenhafte Sportler mit einem Millionengehalt sind.

Ines Sainz

Wie sexy darf Sportjournalismus sein? Inés Sainz überschreitet die Toleranzgrenze der Spieler der New York Jets offenbar: Die mexikanische TV-Reporterin soll in den Umkleidekabinen bedrängt worden sein.

(Foto: AP)

Im Mittelpunkt des Skandals, mit dem die nordamerikanische Football-Profiliga NFL in die Saison gestartet ist, stehen die Spieler der Mannschaft New York Jets sowie die 32-jährige mexikanische TV-Journalistin Inés Sainz. Die Jets sollen sich gegenüber der "explosiven" Blondine "unsportlich" verhalten haben, berichtete die spanische Tageszeitung El Mundo.

Während Sainz nach einem Training wie üblich im Gang vor den Umkleideräumen auf einen Interviewpartner wartete, soll sie von mehreren grüngewandeten Jet-Spielern bedrängt worden sein - wie sie live per Twitter berichtete.

"Ich schäme mich in Grund und Boden", ließ Sainz die Außenwelt wissen. "Ich stehe hier in der Umkleide, warte auf Mark Sánchez, und versuche, niemanden anzusehen", twitterte die offenbar beschämte Journalistin.

Zu diesem Zeitpunkt sollen sich Sainz anderen Medienvertetern zufolge mehrere Spieler in den Weg gestellt und lauthals anzügliche Bemerkungen gemacht haben: "Lasst sie nicht mit der Masche davonkommen, sie spreche kein Englisch! Sie spricht Englisch."

Sainz wurde schließlich von einer Kollegin "gerettet", während der Spieler Kris Jenkins ihr hintergrölte: "Das ist unsere Umkleidekabine!"

Die Journalistin versicherte, sie habe lediglich den mexikanischen Quarterback - und Star der Mannschaft - Mark Sánchez interviewen wollen.

Der Vorfall löste einen Sturm der Entrüstung aus - und rief unter anderem den Sportjournalistinnen-Verband auf den Plan. Dieser verlangt von der NFL Konsequenzen: "Mit Frauen, die für Sportmedien arbeiten, sollte in den Umkleidekabinen respektvoll und professionell umgegangen werden", heißt es in einer Mitteilung der Association for Women in Sports Media (AWSM) .

"Die Situation ist aus dem Ruder gelaufen"

Der Eigentümer der Jets, Woody Johnson, entschuldigte sich inzwischen öffentlich für den Vorfall kündigte eine interne Untersuchung gegen die Trainer Rex Ryan und Dennis Thurman sowie mehrere Spieler an - allen voran gegen Jason Taylor, der den Übergriff im Flur offenbar angeführt hatte.

NFL football game Jets Ravens

Auch in den Umkleidekabinen der Jets - hier eine Szene aus dem Spiel gegen die Baltimore Ravens am Montag - scheint der Umgangston eher rau zu sein.

(Foto: Reuters)

Am Tag nach dem Vorfall zierte Sainz, eine ehemalige Miss-Universum-Kandidatin, die Titelblätter des New Yorker Boulevards. Sie musste auch Kritik einstecken: Sainz habe sich selbst als "die mexikanische Reporterin mit dem größten Sex-Appeal" bezeichnet und sei am Spielfeldrand bewusst aufreizend aufgetreten.

In einem Interview mit dem spanischsprachigen Fernsehsender Depor TV versuchte Sainz zwar nach Angaben der New Yorker Zeitung Daily News, die Wogen zu glätten: "Ich möchte klarstellen, dass ich mich zu keinem Zeitpunkt beleidigt, gefährdet oder gar bedroht gefühlt habe." Die Spieler hätten lediglich Scherze auf ihre Kosten gemacht. "Die Situation lief einfach aus dem Ruder." Sie sei selbst davon überrascht worden, als sie am nächsten Tag von der Presse zum Opfer eines sexuellen Übergriffs stilisiert wurde.

Zugleich verbat sich die Blondine jedoch Kritik an ihrem Auftreten: "Ich trug Jeans und eine hochgeknöpfte Bluse, nichts Unpassendes", twitterte Sainz und schickte ein Foto hinterher, auf dem sie von hinten am Spielfeldrand zu sehen ist - in ebendiesem Outfit, mit dem Mikro in der Hand.

"Danke an alle für die Unterstützung und Anteilnahme", twitterte Sainz auf Spanisch. "Ich habe schon vor der NFL ausgesagt und jetzt liegt es an ihnen, zu entscheiden, ob es Konsequenzen geben wird."

Die verheiratete 32-Jährige arbeitet seit mehreren Jahre für TV Azteca und hat von Ereignissen wie dem Super Bowl und den U.S. Open berichtet. Das amerikanische Männermagazin FHM zählte sie 2009 zu einer der "fünf sexysten Sportreporterinnen" der Welt.

Am Abend nach Bekanntwerden des Skandals läuteten die Jets die Saison mit einer Heimniederlage ein: Sie mussten gegen die Baltimore Ravens eine Niederlage einstecken - und verzogen sich kleinlaut in die Umkleidekabinen.

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