In der Affäre um einen Callgirl-Ring wird Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn vermutlich der Prozess gemacht. Strauss-Kahn solle wegen "schwerer gemeinschaftlicher Zuhälterei" vor ein Strafgericht gestellt werden, teilte die Staatsanwaltschaft im nordfranzösischen Lille am Freitag mit.
Bei den Vorwürfen geht es um Sex-Partys mit Prostituierten, an denen neben Strauss-Kahn auch ranghohe Polizisten und Geschäftsmänner teilnahmen. Strauss-Kahn bestreitet nicht, an den Sex-Partys in Luxushotels in den Jahren 2009, 2010 und 2011 teilgenommen zu haben. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) will aber nicht gewusst haben, dass es sich bei den Frauen um Prostituierte handelte. Laut Medienberichten besteht auch der Verdacht, dass Strauss-Kahn die Partys mitorganisierte, die vor allem in Paris und Washington stattfanden.
Mitte Juni hatte die Staatsanwaltschaft von Lille eine Einstellung des Verfahrens gegen den Ex-IWF-Chef und einstigen Hoffnungsträger von Frankreichs Sozialisten beantragt. Gegen Strauss-Kahn läge nicht genug belastendes Material vor. Die ermittelnden Untersuchungsrichter sahen dies aber offenbar anders und erhoben Anklage. Die Staatsanwaltschaft könnte dagegen Rechtsmittel einlegen. Am Freitag teilte die Behörde zunächst nicht mit, ob sie das vorhat.
Strauss-Kahns Anwalt Richard Malka sagte in einer ersten Reaktion, er und sein Mandat sähen einem Strafprozess "gelassen" entgegen. Dieser werde zeigen, dass die Zuhälterei-Vorwürfe "absurd und widersinnig" seien.
Untersuchungsrichter schwächten die Vorwürfe ab
Neben Strauss-Kahn soll zwölf weiteren Verdächtigen der Prozess wegen "schwerer gemeinschaftlicher Zuhälterei" gemacht werden. Ein weiterer Beschuldigter soll sich wegen Beihilfe zum Betrug und Vertrauensmissbrauchs verantworten. Ursprünglich lief das Ermittlungsverfahren gegen Strauss-Kahn und andere Beschuldigte wegen "bandenmäßiger Zuhälterei", was als Straftatbestand schwerer wiegt als die "schwere gemeinschaftliche Zuhälterei". Die Untersuchungsrichter schwächten die Vorwürfe aber ab. Strauss-Kahn kommt seit mehr als zwei Jahren nicht aus den Schlagzeilen. Er war im Mai 2011 als IWF-Chef zurückgetreten, nachdem er in New York wegen Vergewaltigungsvorwürfen festgenommen worden war. Er wurde beschuldigt, in einem New Yorker Luxushotel ein Zimmermädchen zum Oralsex gezwungen zu haben. Der Strafprozess wurde wegen mangelnder Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens später eingestellt. Auch ein Zivilverfahren wurde nach einer außergerichtlichen Einigung Strauss-Kahns mit dem Zimmermädchen eingestellt. Zuletzt bekam der international angesehene Finanzexperte Posten in den Aufsichtsräten von zwei russischen Finanzinstitutionen - beim russischen Direktinvestitionsfonds RDIF sowie bei der russischen Regionalentwicklungsbank BRDR, die vom Erdölgiganten Rosneft kontrolliert wird.