Süddeutsche Zeitung

Wetter:Die heiße "Zoe" kommt

Die Stadt Sevilla gibt künftig extremen Hitzewellen einen Namen - um die Gesundheit ihrer Bewohner zu schützen.

Von Veronika Wulf

Heiß hier? Das liegt an Zoe. Was nach einem sehr lauen Altherrenspruch klingt, ist in Wahrheit eine neue Methode, um in Sevilla auf enorme Hitze aufmerksam zu machen. Die südspanische Stadt gibt ihren Hitzewellen künftig Namen, wie die Nachrichtenagentur Reuters vermeldet. Zoe, Yago, Xenia, Wenceslao und Vega lauten die ersten, deren Anfangsbuchstaben sich nach dem rückwärts gelesenen Alphabet richten. Weitere Frauen- und Männernamen sollen nach demselben Prinzip folgen. Doch es geht nicht nur um schöne Namen: Sevilla will die Hitzewellen auch kategorisieren - man bringe damit als erste Stadt der Welt meteorologische Vorhersagen mit gesundheitlichen Auswirkungen in Verbindung, wie Antonio Muñoz, der Bürgermeister der andalusischen Stadt, verkündete. "Denn Hitzewellen treffen immer die Schwächsten."

Hitze - das klingt nach Freibad, Spaß und hitzefrei, doch besonders für alte und kranke Menschen kann sie lebensgefährlich sein. Andalusien zählt ohnehin zu den heißesten Regionen Spaniens. In den vergangenen Wochen sind die Temperaturen dort mal wieder auf mehr als 40 Grad gestiegen. Dazu ist es in Spanien derzeit so trocken, dass immer wieder große Wald- und Buschbrände entstehen. Und durch die Klimakrise werden extreme Temperaturen häufiger.

Deshalb führt Sevilla nun drei Stufen für Hitzewellen ein, die sich unter anderem nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit richten. Bei Stufe drei wird die größte Gefährdung für Mensch und Tier erwartet, deshalb bekommen Hitzewellen dieser Kategorie Namen. Bei jeder Zoe, bei jedem Yago soll den Einwohnern klar sein: Sie müssen sich schützen, etwa indem sie viel Wasser trinken, sich nur kurz in der Sonne aufhalten, körperliche Anstrengung vermeiden und schon bei ersten Anzeichen eines Hitzschlags einen Arzt konsultieren, wie die Behörden kürzlich empfahlen.

360 Euro für ein Hoch, 240 Euro für ein Tief

Für Orkane, Stürme, Hoch- und Tiefdruckgebiete ist es international schon lange üblich, Namen zu vergeben. In Deutschland kümmert sich seit fast 70 Jahren das Meteorologische Institut der Freien Universität Berlin darum, auf Empfehlung der Weltorganisation für Meteorologie bekommen die Hochs und Tiefs jährlich abwechselnd weibliche und männliche Vornamen in alphabetischer Reihenfolge. Damit soll verhindert werden, dass schlechtes Wetter immer nach Frauen und gutes nach Männern benannt ist, denn bis in die späten 90er-Jahre waren Tiefs per se weiblich und Hochs männlich. Man kann sich auch bewerben für eine sogenannte Wetterpatenschaft: ein Hoch kostet 360 Euro, ein Tief 240 Euro.

Vor einigen Jahren fanden Forscherinnen und Forscher der Universität von Illinois allerdings heraus, dass bei Hurrikans mit weiblichen Namen mehr Menschen starben als bei männlich benannten - vermutlich, weil die Menschen sie als nicht so bedrohlich wahrnehmen und weniger Vorsorgemaßnahmen treffen, wie die Autorinnen und Autoren im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" schrieben. Bleibt nur zu hoffen, dass die heißen Zoes und Xenias in Sevilla kein ähnliches Schicksal treffen wird.

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