Süddeutsche Zeitung

Sekten-Drama in Russland:Schüsse aus der Höhle

Mitglieder einer Sekte warten seit Wochen in einer Höhle auf den Weltuntergang. Falls die Polizei vor dem Jüngsten Gericht kommen sollte, drohen die Gläubigen mit Selbstmord.

In Russland haben sich 29 Mitglieder einer Sekte, darunter vier Kinder, seit mehr als zwei Wochen in einer Höhle verschanzt, um auf den Weltuntergang zu warten.

Die Anhänger der Sekte Wahre russisch-orthodoxe Kirche drohten im Fall einer Erstürmung durch die Polizei damit, sich selbst zu verbrennen, wie die Staatsanwaltschaft nach Angaben der Agentur Itar-Tass mitteilte.

In der Höhle sei auch ein eineinhalb Jahre altes Kind. Die Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda berichtete, dass sich die Sektenmitglieder seit Oktober mit Gasflaschen, Kerosin und Lebensmittelvorräten in dem Versteck aufhielten.

Die Behörden ermitteln gegen den Sektenführer, der nicht in der Höhle sei, wegen unerlaubter "Bildung einer Vereinigung, die Persönlichkeitsrechte verletzt".

Priester beschossen

Nach Medienberichten wurden in der Nähe der Höhle bei Pensa an der Wolga drei Menschen festgenommen, die sich der Sekte anschließen wollten. Das Staatsfernsehen zeigte, wie Schüsse aus der Höhle abgefeuert wurden, als sich ein Priester zu Verhandlungen mit der Sekte näherte.

Nach Augenzeugenberichten hatte der Anführer den Sektenmitgliedern jeden Kontakt zu Freunden und Verwandten verboten. Die Kinder seien nicht zur Schule gegangen, die Erwachsenen hätten nicht gearbeitet.

Die Regierung und die Russisch-Orthodoxe Kirche beklagen eine massive Ausbreitung religiöser Sekten seit dem Ende der Sowjetunion. Vor allem in den 1990er Jahren fanden Sekten aus dem Ausland regen Zulauf, weil es vielen Menschen an Orientierung fehlte.

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dpa/cag/odg
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