Schweden ist unter Schock. Man kennt hier seit Jahren die Schießereien unter Bandenkriminellen, alle paar Tage fliegt eine Handgranate in einen Hauseingang, aber die Gewalt, die die Stadt Örebro, etwa 200 Kilometer westlich von Stockholm, am Dienstagmittag erschüttert hat, ist von anderer Dimension.
Um kurz nach halb eins am Mittag ging der erste Notruf bei der Polizei in Örebro ein. In der Risbergska-Schule werde mit Automatikwaffen geschossen. Die Schule war früher ein Gymnasium, bietet aber heute kommunale Erwachsenenbildung und Berufsausbildung an, insgesamt werden hier rund 2000 Menschen unterrichtet. Stundenlang war dann nicht klar, was überhaupt geschehen ist, bis die Polizei gegen 18 Uhr bekannt gab, dass der Täter tot sei und keine Gefahr mehr bestehe.
Bis dahin hieß es in den Medien, es habe fünf Verletzte gegeben. Jetzt erst wurde klar: Der Täter hatte „rund zehn Menschen ermordet“ wie ein Polizeisprecher es zunächst formulierte. In der Nacht gab die Polizei bekannt, dass die Opferzahl auf mindestens elf angestiegen ist. Sechs Menschen waren in die Notaufnahme des Universitätskrankenhauses Örebro eingeliefert worden, fünf von ihnen hatten Schussverletzungen, einer schwebt noch in Lebensgefahr. Der Täter soll auch auf Polizisten geschossen, aber keinen von ihnen getroffen haben.
„Der Grund, warum wir zum jetzigen Zeitpunkt keine genaueren Angaben über die Zahl der Toten machen können, ist das enorme Schadensausmaß“, sagte ein Polizeisprecher. Nach Angaben der Region Örebro waren unter den Verletzten keine Kinder.
Schweden bekommt die Bandenkriminalität nicht in den Griff
Das Verbrechen dürfte die Debatte um die innere Sicherheit erneut anheizen. Schweden kriegt seit Jahren die Bandenkriminalität nicht in den Griff, bei Schießereien kamen in manchen Jahren mehr Menschen als in jedem anderen europäischen Land ums Leben. Es hat auch schon einzelne Morde an Schulen gegeben, 2015 brachte ein 20-Jähriger drei Mitschüler mit einem Schwert um. Schulmassaker oder Amokläufe aber gab es bisher keine. Ministerpräsident Ulf Kristersson sprach denn auch auf einer Pressekonferenz vom „schlimmsten Massenmord in der schwedischen Geschichte“. Er habe die Informationen über den Anschlag mit „bodenloser Trauer“ aufgenommen, sagte Kristersson.
Laut Aftonbladet war der mutmaßliche Schütze 35 Jahre alt und arbeitslos. Er soll einen Waffenschein besessen haben und nach den Aussagen einiger Angehöriger sehr isoliert gelebt haben. Der Polizei war der Täter nicht bekannt, bisher heißt es, er habe keinerlei Verbindung in die Bandenkriminalität, auch einen terroristischen Hintergrund schließe man aus. Augenzeugen zufolge war der Täter schwarz gekleidet und habe sehr kühl gehandelt. Am späten Nachmittag durchsuchte eine Spezialeinheit seine Wohnung im Zentrum von Örebro.
Erst vor Kurzem hatte die Regierung einen Bericht mit Vorschlägen zur besseren Sicherung von Schulgebäuden erarbeiten lassen, nachdem es immer wieder Berichte über Schulen gegeben hatte, die alle Schüler eingesperrt hatten, nachdem verdächtige Personen in der näheren Umgebung gesichtet worden waren.
Viele Lehrer und Schüler der Risbergska-Schule haben anscheinend souverän reagiert und sich erst in den Klassenzimmern eingesperrt und dann das Schulgebäude so schnell es ging geräumt. Laut Gemeindedirektor Peter Larsson hatte die Schule solch einen Ernstfall geübt. „Wir hätten nicht gedacht, dass es dazu kommen würde“, sagte er der Zeitung Göteborgs-Posten, „aber wir haben Schulleiter und Lehrer darin geschult, wie sie sich bei solchen Vorfällen verhalten sollen.“