Schweden:Fötus im Sarg von mumifiziertem Bischof gibt Rätsel auf

Babyleiche in einem Sarg mit mumifiziertem Bischof

Auf der Aufnahme werden die Überreste des seit über 300 Jahren toten schwedischen Bischofs Peder Winstrup für eine Untersuchung in einen Computertomographen (CT) geschoben.

(Foto: dpa)

Mehr als 300 Jahre ist der schwedische Bischof Peder Winstrup tot. Jetzt haben Wissenschaftler seinen Sarg geöffnet - und eine überraschende Entdeckung gemacht: Zu Füßen des mumifizierten Bischofs liegt die Leiche eines Ungeborenen.

Die Überreste eines fünf bis sechs Monate alten Fötus im Sarg eines mumifizierten Bischofs geben Wissenschaftler in Schweden Rätsel auf. Hatte der Bischof eine Frau geschwängert? Nutzte eine Bedienstete den Tod des Bischofs, um ihr Frühgeborenes unbemerkt zu Grabe zu tragen? Das 330 Jahre alte Geheimnis in der Stadt Lund könnte nun aufgelöst werden. Forscher an der örtlichen Universität wollen mit einem DNA-Test feststellen, ob Bischof und Fötus verwandt waren.

Die Leiche des Bischofs Peder Winstrup ist eine kleine Berühmtheit, nicht nur in Schweden. "Winstrups Mumie ist eine der am besten erhaltenen Leichen aus dem 17. Jahrhundert in Europa", sagt Per Karsten, Projektleiter und Direktor des Historischen Museums, das zur Universität von Lund gehört. Ihr Informationsgehalt sei vergleichbar mit dem von Ötzi oder den ägyptischen Mumien.

"Er sah aus, als wenn er erst seit ein paar Tagen tot wäre"

Zu Lebzeiten war der 1605 in Kopenhagen geborene Bischof Winstrup ein Mann mit vielen Talenten. Er war Professor der Philosophie und der Physik, Doktor der Theologie, Architekt und Drucker. Mit 33 Jahren wurde er Bischof in Lund und nahm die schwedische Staatsbürgerschaft an. "Er war ein Meister der Diplomatie und vermittelte zwischen dem schwedischen und dem dänischen König", erklärt Karsten. Auf seine Initiative hin sei die Universität in Lund gegründet worden, die heute als eine der renommiertesten des Landes gilt.

1680 wurde Winstrup in der Krypta der Domkirche der Stadt beigesetzt, gewandet in feinste Baumwolle und Samt - wie man inzwischen weiß. "Nachdem der Bischof 300 Jahre in der Gruft aufbewahrt worden war, wollte man ihn auf dem Friedhof begraben", sagt der Museumsdirektor. "Deshalb haben wir seinen Sarg geöffnet." Der tote Fötus war jedoch nicht das einzig bemerkenswerte, was die Wissenschaftler darin entdeckten.

Was sie fanden, hätte so manchen Laien womöglich erschauern lassen, ließ die Forscher jedoch in Begeisterung ausbrechen. Die Kleidung, die Haut, die Knochen, selbst die inneren Organe des Bischofs waren ungewöhnlich gut erhalten. "Sogar sein Gesicht konnte man gut erkennen", sagt Karsten. "Er sah aus, als wäre er erst seit ein paar Tagen tot."

Warum die Leiche so gut erhalten ist

Dass sich der Geistliche so gut gehalten hat, habe mehrere Gründe. "Er ist im Winter gestorben, seine Leiche wurde also nicht warm." Außerdem sei sie ständiger Luftzirkulation ausgesetzt gewesen. "Luftgetrocknet, wie ein Serano-Schinken." Auch die Beigaben wie Hopfen, Wacholderbeeren und Wermut, die in seinem Sarg gefunden wurden, hätten den Verwesungsprozess aufgehalten. Ausschlaggebend war aber wahrscheinlich, dass der Bischof ziemlich fett war und durch zahlreiche Krankheiten in seinen letzten beiden Lebensjahren vermutlich 40 Kilo abnahm. "Der Trocknungsprozess begann also schon zu Lebzeiten."

Vermutlich sein ganzes Leben lang hat der Bischof unter Schmerzen gelitten. Mit Hilfe von Röntgenbildern haben die Forscher festgestellt, dass er Arthritis, Gallensteine, Aderverkalkung und vermutlich auch Tuberkulose hatte und ziemlich lange bettlägerig war. Deshalb glauben die Wissenschaftler auch nicht, dass das frühgeborene Kind in seinem Sarg das Ergebnis einer heimlichen Liebschaft war.

DNA-Vergleich soll Klarheit bringen

"Ich glaube eher, dass ein enger Mitarbeiter des Bischofs das Kind heimlich zu seinen Füßen gelegt hat", sagt Experte Karsten. "Zu der Zeit konnte ein zu früh geborenes Kind dem Glauben nach nicht in den Himmel aufsteigen, weil es nicht getauft war. Es in den Sarg eines Bischofs zu legen, war quasi ein Versuch, es trotzdem zu Gott zu schicken." Wenn es mit dem Bischof verwandt gewesen wäre, hätte das Kind sicher auf seinem Bauch oder in seinem Arm gelegen, so Karsten weiter. Er glaube nicht, dass die Familie von Peder Winstrup von dem blinden Passagier wusste.

Klarheit über eine mögliche Verwandtschaft soll nun ein DNA-Vergleich bringen. "Doch den können wir erst im September machen". Der Fötus liege unter den Füßen des Geistlichen, und den habe man bislang nicht aus seinem Sarg bewegt. "Wir sind zurzeit noch mit den äußeren Untersuchung beschäftigt", erläutert Karsten. "Erst wenn wir die Mumie herausnehmen, können wir auch das Ungeborene genauer unter die Lupe nehmen. Dann lässt sich vielleicht auch feststellen, ob das Kind lange vor dem Bischof gestorben ist."

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