Geburtstourismus:Argentinien ermittelt wegen Einreise schwangerer Russinnen

Geburtstourismus: In Argentinien geborene Kinder erhalten automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft.

In Argentinien geborene Kinder erhalten automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft.

(Foto: imago images/quintanilla)

Tausende werdende Mütter sind dort eingereist, möglicherweise haben es manche auf einen argentinischen Pass abgesehen. Die Behörden prüfen nun, ob ein kriminelles Netzwerk dahintersteckt.

Nach der Einreise von Tausenden schwangeren Russinnen nach Argentinien haben die Behörden Ermittlungen eingeleitet. Geprüft werde, ob ein kriminelles Netzwerk hinter dem Geburtstourismus in das südamerikanische Land stecke, berichtete die Zeitung La Nación am Samstag unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Bei Hausdurchsuchungen im eleganten Stadtteil Puerto Madero in Buenos Aires wurden demnach Computer, Mobiltelefone, Einreisedokumente und Bargeld sichergestellt. "Es gibt Ermittlungen, wer hinter diesen Banden steckt, die Männer und Frauen hierherbringen. Das ist ein Millionen-Geschäft", sagte die Leiterin der argentinischen Einwanderungsbehörde, Florencia Carignano.

Am Freitag waren dem Zeitungsbericht zufolge 83 Frauen aus Russland am Flughafen von Buenos Aires gelandet, 16 der Passagierinnen waren schwanger. Sechs Russinnen wurden zunächst festgehalten, weil es offenbar Unstimmigkeiten bei ihren Papieren gab. Später durften die Frauen allerdings einreisen.

"Deshalb vermuten wir, dass sie nicht nur Urlaub machen wollen"

"Irgendwas ist komisch, wenn Schwangere in der 34. Woche kommen. Deshalb vermuten wir, dass sie nicht nur Urlaub machen wollen", sagte Carignano. Zwar sei es Ausländerinnen nicht untersagt, für die Geburt ihres Kindes nach Argentinien zu kommen, erklärte sie. Allerdings bräuchten sie dafür ein spezielles Visum.

Nach Angaben der Einwanderungsbehörde kamen im vergangenen Jahr mehr als 5800 schwangere Russinnen nach Argentinien. Hintergrund dürften die strengeren Einreiseregeln für russische Staatsbürger beispielsweise in die EU als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sein. In Argentinien geborene Kinder erhalten automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft. Als Eltern eines argentinischen Kindes können die Paare aus Russland ebenfalls recht einfach die Staatsangehörigkeit beantragen. Ein argentinischer Pass gilt als attraktiv: Argentinische Staatsbürger können ohne Visum in mehr als 160 Länder reisen.

5000 bis 15 000 Dollar für das Komplettpaket

Die Agentur RuArgentina organisiert Reise, Entbindung und Behördengänge für die Russinnen. Dafür kassiert das Unternehmen zwischen 5000 und 15 000 US-Dollar. "Die Frauen können mehr oder weniger Beratung und Hilfe buchen. Einige brauchen Unterstützung, um zum Supermarkt zu gehen, andere dabei, ein Krankenhaus zu finden", erklärte der Agentur-Chef Kirill Makoveev im Interview der Zeitung La Nación. "Wir können uns um alles kümmern. Den Unterschied machen die Spezialisten, die wir engagieren - davon hängt der Tarif ab."

In den Krankenhäusern in Buenos Aires hat sich das Personal bereits auf die Schwangeren aus Russland eingestellt. "Ich kenne schon ein paar Worte und Sätze auf Russisch, um sie zu verstehen. Wenn sie zum Geburtstermin in die Klinik kommen, bringen sie eine Übersetzerin mit - es ist immer dieselbe. So etwas haben wir noch nie gesehen", sagte eine Verwaltungsangestellte des Hospitals Rivadavia gegenüber La Nación.

Die argentinischen Behörden sorgen sich unterdessen um das Ansehen der argentinischen Passes, mit dem man ohne Visum in zahlreiche Länder einreisen kann und ein Visum für die USA für zehn Jahre beantragen kann. "Wenn wir nicht kontrollieren, wem wir einen Pass geben, wird das Vertrauen in den argentinischen Pass sinken", warnte Einwanderungsbehörden-Chefin Carignano. Zuletzt waren in Slowenien Medienberichten zufolge zwei mutmaßliche russische Spione mit argentinischen Pässen festgenommen worden. "Wenn so etwas passiert, haben die Argentinier den Schaden. Wir müssen unseren Pass und die damit verbundenen Vorteile schützen", sagte Carignano.

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