Schulmassaker in Parkland:Bewaffneter Polizist war bei Gewalttat vor Ort - und griff nicht ein

Nach dem Massaker in Parkland spricht Sheriff Scott Israel auf einer Bürgerversammlung.

Bei einer Bürgerversammlung muss Scott Israel, Sheriff von Broward County, Fehler seiner Behörde einräumen.

(Foto: REUTERS)
  • Während des Amoklaufs eines Ex-Schülers an der Marjory Stoneman Douglas High School in Florida war ein bewaffneter Beamter vor Ort - griff aber nicht ein. Er wurde vom Dienst suspendiert.
  • Der zuständige Sheriff muss außerdem einräumen, dass seine Behörde Hinweisen auf den späteren Attentäter nicht nachging.
  • Das zuständige Jugendamt befand 2016, dass Nikolas Cruz, der Schütze von Parkland, keine Gefahr für sich oder andere darstelle.

US-Präsident Trump hat am Donnerstag bekräftigt, künftig Lehrer zu bewaffnen zu wollen, um Gewalttaten an Schulen zu verhindern. Speziell ausgebildete Lehrkräfte sollen seinem Vorschlag nach verdeckt Waffen tragen - ähnlich wie Sky Marshalls in Flugzeugen. Lehrern, die bereit wären, sich dem nötigen Training zu unterziehen, stellt Trump einen Bonus in Aussicht. Während das Land über den umstrittenen Vorschlag aus dem Weißen Haus diskutiert, kommt heraus: Während des Schulmassakers am 14. Februar an einer Schule in Florida war tatsächlich ein bewaffneter Polizist vor Ort, der jedoch nicht eingriff. Der Beamte sei mittlerweile vom Dienst suspendiert und habe daraufhin seine Kündigung eingereicht, erklärte der zuständige Sheriff Scott Israel bei einer Bürgerversammlung am Donnerstag.

Der Polizist war demnach als Resource Officer für die Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland abgestellt. Resource Officers gibt es in den USA seit den 50er Jahren. Sie sollen für Sicherheit sorgen, Aufklärungsarbeit leisten und die Schulen bei der Jugendhilfe unterstützen. Der Beamte, der der Washington Post zufolge seit 2009 für die Marjory Stoneman Douglas High School verantwortlich war, bezog während des Amoklaufs eines Ex-Schülers an einem Treppenaufgang Stellung - ging aber nicht in das Gebäude hinein. Das zeigen dem Sheriff zufolge Bilder einer Überwachungskamera, außerdem gebe es entsprechende Zeugenaussagen.

Die Bluttat des 19-jährigen Nikolas Cruz am 14. Februar dauerte sechs Minuten. In dieser kurzen Zeit erschoss der Jugendliche an seiner ehemaligen Schule mit einem halbautomatischen Gewehr 17 Menschen.

Beamte sollen Hinweisen auf Amokläufer nicht nachgegangen sein

Auf die Frage eines Reporters, was der Polizist hätte tun sollen, antwortete Sheriff Israel: "Reingehen und den Killer stellen. Den Killer töten." Seit dem Schulmassaker von Columbine 1999 werden Polizisten darauf trainiert, bei Amokläufen nicht auf ein Spezialeinsatzkommando zu warten, sondern einen Angreifer so schnell wie möglich außer Gefecht zu setzen. Der Beamte habe offenkundig gewusst, dass sich der Schütze in dem betreffenden Gebäude aufhielt - diese Tatsache mache ihn ganz krank. "Es gibt keine Worte", sagte Israel. "Diese Familien haben ihre Kinder verloren."

Der Sheriff erklärte außerdem, dass zwei weitere Beamte im Zusammenhang mit dem Schulmassaker vorerst nur noch eingeschränkt im Dienst seien. Sie stehen der New York Times zufolge im Verdacht, Hinweisen nicht ausreichend nachgegangen zu sein. Im Verlauf der vergangenen zwei Jahre bekam die örtliche Polizei demnach wiederholt Tipps, dass der 19-Jährige ein Schulattentat vorbereiten könnte. Insgesamt seien in den vergangenen zehn Jahren 23 Anrufe zu Cruz eingegangen. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Bundesbehörde FBI eingeräumt, dass auch sie vor dem Massaker Hinweise erhalten hatte, wonach Cruz eine Waffe besitze. Außerdem soll er in einem Online-Post den Wunsch geäußert haben, ein "professioneller school shooter" zu werden.

Dem Florida Department of Children and Families, der amerikanischen Entsprechung eines Jugendamtes, war Nikolas Cruz seit 2016 bekannt. Behördenmitarbeiter besuchten die Familie der Times zufolge, nachdem der Jugendliche im Internet geschrieben hatte, dass er sich selbst verletze. Die zuständigen Mitarbeiter seien aber zu dem Schluss gekommen, dass Cruz keine Gefahr für sich oder andere darstelle.

Die Liste des Behördenversagens im Fall Nikolas Cruz wird damit immer länger. Kurz nach den tödlichen Schüssen war herausgekommen, dass die Polizei den Täter noch in einem der Schulgebäude vermutete, als dieser längst auf der Flucht war - die Beamten hielten eine 20 Minuten alte Videoaufzeichnung für einen Live-Mitschnitt. "Die Ermittlungen gehen weiter", erklärte Sheriff Israel am Donnerstag.

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